Improvisiert

Flirten mit Humor

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Jemand anderen kennen zu lernen, das ist doch wohl die älteste Sache der Welt. Trotzdem konnte der Schauspieler und Regisseur Michèl Keller dazu noch etwas erfinden. Er verbindet Berufserfahrung mit seinen Kenntnissen als Coach und psychotherapeutischer Heilpraktiker für seine Neuerung »Improdating«. Bei Improvisationstheater gibt es erfahrungsgemäß viel zu lachen. Er mischt Spielregeln des Datings mit diesem künstlerischen Genre. Als geeigneten Ort des mit Humor gewürzten Kennenlernens wählte er den fürs Improtheater bekannten Ort Theater BühnenRausch in Prenzlauer Berg.

Im Foyer geht die Arbeit los. Die Besucher haben ein Schildchen mit ihrem Vornamen und einer Nummer angeheftet. Sie gehen mit einem Flyer und Schreibwerkzeug aufeinander zu und duzen sich. Auf dem Flyer steht beispielsweise, sie sollen Nummer X fragen, welche Jahreszeit sie liebt. Keller weiß schon etwas über die Singles und hat einiges eingefädelt. Also gibt es kein peinliches Herumsitzen vor der Vorstellung. Während die Männer das Taxieren der Frauen schlecht verbergen können, gehen die Frauen couragiert auf die Herren zu und erwecken den Eindruck, dass sie schon allerhand erlebt haben müssen. »Legst du abends vor dem Schlafengehen deine Sachen ordentlich zusammen?« Ob die Frage auf dem Flyer stand?

Wenn dann Keller von der Bühne aus die Regie in die Hand nimmt, beantworten die Improdating-Teilnehmer seine kurzen Fragen. Die Besucher erfahren jeweils etwas über die Antwortenden und die Schauspieler Uta Zech und Thomas Monn bekommen ihre Vorgaben, die sie bei der Improdating-Uraufführung mit Verve umsetzten. Von den Prototypen Adam und Eva, als die Zech und Monn hauptsächlich agieren, lässt Keller viele Situationen durchspielen. Sie bringen natürlich geschickt Szenen unter, von denen sie sicher wissen, dass sich die Zuschauer dabei vor Lachen kringeln.

Keller hingegen konnte, vom Lampenfieber gezeichnet, noch nicht so locker und fröhlich sein, wie er wollte. Das Lichtkonzept stimmte auch nicht. Und vor zwanzig Leuten in fast gemütlicher Runde müsste er doch nicht so einsam auf der leeren Bühne stehen. Er könnte sich dort zum Plaudern einen guten Platz einrichten. Setzen Sie sich!

Die Stimmung ist sehr gut. Auch in den zwei Pausen, in denen die Besucher sich unbefangen unterhalten. Da sei nicht unbedingt jemand, der einem auf Anhieb gefällt, aber die Atmosphäre sei schön, hört man auch. Ein billiges Vergnügen ist so ein Abend nicht mit 36 Euro als Einführungspreis. Aber man konnte staunen, dass nach drei Stunden den Besuchern die Zeit überhaupt nicht lang geworden war. Sie wollten von den Schauspielern noch eine Zugabe sehen. Einige blieben nach der Veranstaltung noch gern etwas.

Wie das ausging, das weiß man nicht. Kellers Konzept geht jedenfalls auf. Die Leute fühlen sich wohl dabei. Einige Tipps, die Mut für Verabredungen machen sollen, findet man schon auf der Improdating- Homepage. »Seien Sie authentisch, denn Sie als auch Ihr Gegenüber haben haben ein feines Gespür für Täuschungen entwickelt.« Man kann über die Improdating-Internetseite, wo man sich anmelden muss, denn Karten an der Abendkasse gibt es nicht, auch Seminare buchen. Unter anderem zu Gewinn bringender Körpersprache oder zum entspannten Umgang mit Stress.

Improdating, immer sonntags, 18-21 Uhr, wieder am 10. und 24.10., 14./28.11., Theater BühnenRausch, Erich-Weinert-Straße 27, www.improdating.de

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -