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Bauer Group will Betriebsrätin feuern

Kersten Artus, Mitglied der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, wehrt sich

  • Reinhard Schwarz, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bauer Media Group, europaweit agierender Zeitungsverlag mit Beteiligungen an dem Fernsehsender RTL, hat einer aktiven Betriebsrätin gekündigt. Der Konzern will seine Mitarbeiter offenbar von der Wahrnehmung ihrer Rechte abhalten.

Fristlose Kündigung für eine aktive Betriebsrätin: Die Bauer Media Group will die Betriebsrätin Kersten Artus aus dem Betrieb drängen. Dieser Schritt des Unternehmens erregte umso mehr Aufsehen, als dass Kersten Artus seit März 2008 Mitglied der Hamburger Bürgerschaftsfraktion der LINKEN ist, sie fungiert dort unter anderem als Fachsprecherin für Frauen-, Gewerkschafts- und Medienpolitik. Jetzt muss sie, die bisher andere unterstützt hatte, selbst für ihre Rechte kämpfen.

Das Unternehmen behauptet, die 44-jährige Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der Yvonne Bauer Redaktions KG habe einen Gewerkschaftstermin bei ver.di zwar bei Vorgesetzten angemeldet, aber nicht genehmigen lassen. Eine offizielle Stellungnahme der Bauer Media Group lag bei Redaktionsschluss nicht vor.

»Wir sind entsetzt und empört darüber, dass hier einer engagierte Betriebsrätin gekündigt wird«, sagte LINKEN-Fraktionschefin Dora Heyenn. Das Unternehmen hat die Kündigung dem Konzernbetriebsrat unterbreitet, doch dieser hat die Zustimmung verweigert. Jetzt muss Bauer den Rausschmiss vor Gericht durchsetzen.

Schon seit Jahren habe es bei Bauer immer wieder Abmahnungen und Schikanen durch Vorgesetzte gegeben, berichtet Artus, die 1982 bei dem damaligen Bauer Verlag eine Ausbildung begann. So habe sie sich für ihre Betriebsratsarbeit ursprünglich bei fünf Vorgesetzten abmelden müssen. Nach gerichtlicher Intervention sind es jetzt nur noch zwei Personen.

Wer in der Bauer Media Group sich gewerkschaftlich oder im Betriebsrat betätigt, muss starke Nerven haben. Denn der Konzernherr Bauer hat sein Imperium, das Blätter wie die Teenie-Zeitschrift »Bravo« und etliche TV-Zeitungen herausgibt, in zahlreiche, scheinbar selbstständige KGs aufgeteilt. Offenbar wegen der Steuervorteile, aber wohl auch, um Betriebsratsgründungen zu erschweren und die Belegschaft zu zersplittern. Mit der fristlosen Kündigung von Artus will Bauer möglicherweise auch andere Mitarbeiter einschüchtern und von der Wahrnehmung ihrer Rechte abhalten.

Kersten Artus ist seit den späten 1970er Jahren politisch aktiv, zunächst in der Schülerbewegung, später in der DKP und der IG Druck und Papier. Dem Verlag ist sie wohl auch deshalb ein Dorn im Auge, weil sie seit 2005 an den Verhandlungen zur Gründung eines europäischen Betriebsrat teilgenommen hat. 2007 wurde dieser Betriebsrat mit ihr als Vorsitzender ins Leben gerufen. Offenbar versucht der Verlag die aktive Frau einzuschüchtern und »weich zu kochen«, wie die LINKEN-Abgeordnete Heyenn erklärte. So hat Bauer kürzlich vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Artus erwirkt, weil sie in einem Interview mit der Medienzeitschrift »Journalist« angeblich die »Unternehmerpersönlichkeit Hans Heinrich Bauer diffamiert« habe.

Ob der Verlag mit diesem Vorgehen erfolgreich ist, bleibt abzuwarten. Möglicherweise haben vor Gericht weder die einstweilige Verfügung noch die fristlose Kündigung Bestand, zumal mit letzterer auch die Behinderung der politischen Arbeit einer Bürgerschaftsabgeordneten einhergeht. Sie habe bereits ein Gespräch mit dem Justiziar der Bürgerschaftskanzlei geführt, sagte Artus. Danach sei die Kündigung einer Bürgerschaftsabgeordneten »nur aus einem wichtigen Grund zulässig«. Ein »wichtiger Grund« sei etwa eine Straftat. Der Betriebsrat will Strafanzeige gegen Bauer wegen massiver Behinderung seiner Arbeit erstatten.

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