DKP im Flügelkampf

Bettina Jürgensen auf Parteitag zur neuen Vorsitzenden gewählt

  • Hans-Gerd Öfinger,
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankfurt am Main

Die DKP hat Bettina Jürgensen am Wochenende zu ihrer neuen Vorsitzenden gewählt. Sie will die zerstrittenen Parteiflügel wieder zusammenführen.

»Widerstand entwickeln. Kapitalismus überwinden!«, lautete das das Motto des 19. Parteitags der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Frankfurt am Main. Im Mittelpunkt standen kontroverse Debatten über den Kurs der Partei sowie Vorstandswahlen. Neue Parteivorsitzende ist die 56-jährige Bettina Jürgensen aus Schleswig-Holstein. Sie erhielt 111 Ja-Stimmen und somit knapp 68 Prozent der Delegiertenstimmen. Damit steht erstmals seit 1924 wieder eine Frau an der Spitze einer kommunistischen Partei in Deutschland. Zu Vizevorsitzenden gewählt wurden Nina Hager, Patrik Köbele und Leo Mayer, die zwischen 96 und 81 der 165 Delegiertenstimmen auf sich vereinigten.

Jürgensen möchte die knapp 4000 Mitglieder zählende DKP »wieder zusammenführen«. Die Partei müsse »unterschiedliche Positionen aushalten können«, ohne sich »von der Aktion abhalten« zu lassen. Ein Politikwechsel setze außerparlamentarischen Kampf, breite Bündnisse und insbesondere eingreifende Gewerkschaften voraus, erklärte Jürgensen. Kommunisten müssten in die Gewerkschaften mehr Ideen einbringen.

Mit der Zusammenführung dürfte Jürgensen alle Hände voll zu tun haben. So warnte der 85-jährige Parteiveteran Robert Steigerwald vor einer Spaltung der Partei, falls im Vorstand nicht die unterschiedlichen Positionen vertreten seien. Mit Köbele als Parteivize und weiteren Vorstandsmitgliedern sind indes weiterhin dezidierte Kritiker der bisherigen Vorstandslinie eingebunden.

Unbehagen über den Kurs der Partei kam auch in politischen Kampfabstimmungen zum Ausdruck. So konnte der Vorstand mit 83 Ja-Stimmen gegen 80 Nein-Stimmen seine politische Resolution nur denkbar knapp als Beratungsgrundlage durchsetzen. Als ein Gegenpol trat der Berliner Landesverband mit einem eigenem Alternativpapier auf. Dessen Ko-Autor Michael Grüß hob unterschiedliche Einschätzungen der kapitalistischen Überproduktionskrise und der Rolle des deutschen Imperialismus hervor. Er kritisierte, das Vorstandspapier käme einer »Absage an Lenins Imperialismustheorie« gleich und trage zur »politisch-ideologischen Entwaffnung« bei. Die DKP müsse die »opportunistischen Kräfte« in der Arbeiterbewegung zurückdrängen, verlangen die Berliner. Andere Anträge warnten vor einer »Aufweichung des Charakters als marxistisch-leninistische Arbeiterpartei« und »Anbiederung an reformistische Linke«.

»Der Sozialismus steht noch nicht auf der Tagesordnung«, gab Parteivize Leo Mayer zu bedenken. Derzeit könne noch keine Kraft eine Alternative zum »brüchigen« Neoliberalismus durchsetzen. Kommunisten müssten die nächsten Schritte aufzeigen und soziale Forderungen mit der Eigentumsfrage verbinden, warb Mayer für eine »revolutionäre Realpolitik«. Auch führe »die Illusion, man könne mit radikaleren Losungen schnell Überzeugungen und Bewegungen schaffen« in der Regel zur Resignation, warnt das Vorstandspapier. Bei breiten Bündnissen müsse »zuallererst das Einigende in den Vordergrund« treten.

Dass die Partei anerkannter Teil der Bewegung gegen »Stuttgart 21« sei, unterstrich der Stuttgarter Klaus Mausner. »Wir sind aktiver Teil dieser Bewegung, können sie aber aus Kräftegründen nicht zusammenhalten oder moderieren«, so Mausner. Nun müsse der Stuttgarter »Widerstands-Virus vor allem auf die Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung überspringen«.

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