Nadelstiche auf höchstem Niveau
Für Deutschlands heutigen Qualifikationsgegner Kasachstan ist erst die Teilnahme an der EM 2016 das große Ziel
Bernd Storck hat sich ein bisschen in Kasachstan verliebt. In der ehemaligen Hauptstadt Almaty lässt es sich umgeben von Bergen, Wäldern und Seen wahrlich gut leben. Im Winter kann Bernd Storck sogar Skifahren. Ansonsten jedoch bleiben für den Fußball-Nationaltrainer der Kasachen sportlich viele Wünsche offen. Von »Storcks Riesen« kann keine Rede sein, sein Vertrag läuft zum Jahresende aus. Und eine Sensation im Duell mit seinem Heimatland in der EM-Qualifikation heute Abend in Astana (19 Uhr MESZ/ZDF) hält er für ausgeschlossen.
»Für uns geht es nur darum, zu lernen. Wir bekommen von einer der besten Mannschaften der Welt Anschauungsunterricht auf höchstem Niveau. Für mich ist Deutschland der klare Favorit in dieser Gruppe und vielleicht derzeit sogar die beste Mannschaft der Welt, sogar noch einen Tick besser als Weltmeister Spanien«, sagte der 47-Jährige.
Das 3:0 der DFB-Auswahl gegen die Türkei, das er via Satellitenschüssel ab der 46. Minute live verfolgt hat, habe ihn nur in seiner Einschätzung bestätigt, sagte Storck, der seit 2008 als Trainer in Kasachstan arbeitet. Seit vergangenem Jahr ist er für die A-Nationalmannschaft verantwortlich.
Das Ziel gegen die DFB-Elf: »Wir wollen Deutschland so lange es geht ärgern und selbst Nadelstiche setzen. Ich weiß, dass das sehr schwer wird, aber wir haben beim unglücklichen 0:2 gegen Belgien viele Chancen gehabt«, sagte Storck, der in Heinrich Schmidtgal von Rot-Weiß Oberhausen auch einen Deutschlandlegionär in seinem Team hat.
Die Arbeitsbedingungen in Kasachstan seien gut, sagt Storck, aber nicht mit Deutschland zu vergleichen. Es gebe nur ein Leistungszentrum, lediglich sechs von zwölf Erstligatrainern hätten eine offizielle FIFA-Lizenz. »Holger Fach ist als Coach von Lokomotive Astana eine absolute Bereicherung«, sagt Storck, der in der Regel eine Woche im Monat bei seiner Familie in Berlin verbringt.
Kasachstan, die Nummer 126 der Weltrangliste, sieht Storck trotz der bislang drei Niederlagen mit insgesamt 0:7 Toren in der EM-Qualifikation auf einem guten Weg. »Die Spieler sind begeisterungsfähig und lernwillig. Unser Fernziel ist die Teilnahme an der EM 2016 in Frankreich. Das betrachte ich als durchaus realistisch«, sagte der langjährige Co-Trainer von Jürgen Röber.
Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg, und Geduld sei nicht die Stärke der Kasachen. »Zum Glück wissen zumindest die entscheidenden Leute beim Verband, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis wir unsere Ziele höher stecken können. Unser Verbandspräsident ist auch der Verteidigungsminister, er hat großen Einfluss«, sagt Storck. Deshalb hofft er auch auf eine Fortsetzung seines Engagements in der rund 4000 kilometer von Deutschland entfernten früheren Sowjetrepublik.
Bundestrainer Joachim Löw hält Kasachstan für einen Großen unter den Kleinen: »Zweitklassig, das sind sie nicht unbedingt. Sie spielen körperlich robust. Kasachstan ist in jedem Fall stärker als Aserbaidshan.« SID/dpa
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