Land muss Kita-Ausbau bezahlen
Urteil des Verfassungsgerichtshofes NRW könnte bundesweiten Modellcharakter haben
Bundesweiten Signalcharakter haben könnte ein Urteil des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofs. Das Land NRW, so entschieden gestern die Münsteraner Richter, muss seine Kommunen bei der Kinderbetreuung bezuschussen. Konkret muss das Land die Städte und Landkreise für Mehrkosten entschädigen, die ihnen durch den Ausbau der Kleinkindbetreuung entstehen. Von August 2013 an haben alle Kinder, die älter als ein und jünger als vier Jahre alt sind, einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Dadurch entstehen Mehrkosten im Milliardenbereich.
Nach Angaben der seit Juli amtierenden NRW-Familienministerin Ute Schäfer habe das Land zu Zeiten von Schwarz-Gelb den Kommunen aber nur 30 Millionen Euro für den Ausbau der U3-Kitas zur Verfügung gestellt. Die Sozialdemokratin kritisiert dementsprechend eine »Unterfinanzierung des Ausbaus von U3-Plätzen«. Zum Vergleich: Aus Bundestöpfen sollen laut Schäfer insgesamt 480 Millionen in die im republikweiten Vergleich besonders klammen Gemeindesäckel an Rhein und Ruhr fließen.
Seit 2004 ist ein Prinzip in der NRW-Landesverfassung verankert, demzufolge das Land als Gesetzgeber den Kommunen keine neuen oder erweiterten Aufgaben (und damit Ausgaben) aufbürden darf, ohne einen finanziellen Ausgleich zu schaffen. Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Verfassungen anderer Bundesländer. Auch dort könnte es nun zu vergleichbaren Klagen kommen.
Für die Linksfraktion begrüßte deren sozialpolitische Sprecherin Carolin Butterwegge das Münsteraner Urteil. Damit werde eine weitere Regelung der schwarz-gelben Vorgängerregierung einkassiert. Es stärke die Kommunen und stelle »endlich klar, dass der, der bestellt, auch zahlen muss«. Das Land NRW »steht nun in der Pflicht, die Kommunen bei dem Ausbau von Kitaplätzen tatkräftig zu unterstützen«. Notwendig, so Butterwegge mit Blick auf die Landesregierung, sei es, die Finanzausstattung der Kitas sofort zu verbessern.
Die Linksfraktion werde zudem bei den Haushaltsverhandlungen 2011 darauf achten, dass tatsächlich zusätzliche Mittel für den Ausbau der U3-Betreuung fließen werden. Umschichtungen im Sozialetat, die zu Streichungen an anderer Stelle führen, werde die Linksfraktion nicht mittragen, kündete Butterwegge an.
Die rot-grüne Minderheitsregierung ist bei Verabschiedung des Haushaltes nach allem menschlichen Ermessen auf das Wohlwollen der LINKEN-Parlamentarier angewiesen.
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