Obama krempelt die Ärmel hoch

USA-Präsident mit Wahlkampf-Marathon gegen Desaster für Demokraten

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Um das befürchtete Desaster für die USA-Demokraten bei den Kongress- und Gouverneurswahlen Anfang November doch noch abzuwenden, legt sich Präsident Barack Obama jetzt auf einer »hemdsärmligen« Wahlkampftour noch einmal besonders ins Zeug.

»Ihr habt es im Jahr 2008 geschafft, und jetzt habt Ihr wieder die Gelegenheit, den Konventionen zu trotzen«, versuchte Obama am Samstag in Minneapolis (Bundesstaat Minnesota) seine Parteibasis zu mobilisieren. »Wenn jeder, der 2008 erschien, auch dieses Mal kommt, dann werden wir diese Wahlen gewinnen.« Der Präsident hatte den Bundesstaat vor zwei Jahren mit 54 Prozent der Wählerstimmen für sich eingenommen. Im Kampf um das Gouverneursamt, aus dem der Demokrat Tim Pawlenty demnächst ausscheiden wird, liefern sich nun der demokratische und der republikanische Kandidat laut Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Minnesota war die letzte Station einer Obama-Tour, die fünf Bundesstaaten in vier Tagen im US-amerikanischen Westen umfasste. Nach einer kurzen Verschnaufpause folgt in der kommenden Woche ein ähnliches Programm im Nordosten des Landes.

Der Präsident wirft mit einer hektischen Wahlkampftour sein ganzes Gewicht in die Waagschale, um Wackelkandidaten seiner Partei am 2. November bei den Zwischenwahlen doch noch aus der Patsche zu helfen. Das Hauptproblem: Eine beträchtlichen Zahl seiner Wähler aus dem Jahr 2008 zögert dieses Mal, an die Wahlurnen zu gehen. Die Medien bezeichnen diesen Umstand als »enthusiasm gap« (Enthusiasmus-Lücke) der demokratischen Parteibasis. Ein CNN-Reporter, der Obama begleitet, berichtete, dass der Präsident zum ersten Mal wieder nach zwei Jahren sprichwörtlich die Hemdsärmel aufkrempelt und zum Schrecken seiner Sicherheitsbeamten Bäder in der Menge nimmt. Am Mittwochabend war Obama mit der Präsidentenmaschine »Air Force One« im äußersten Nordwesten der USA eingetroffen. Auf dem Programm stand Portland im Bundesstaat Oregon.

Obama räumte in einer Rede vor mehreren Tausend Zuhörern ein, dass der Wind der rechten Opposition »scharf bläst« und dass viele seiner Anhänger frustriert und müde seien. Den Großteil seines Vortrags machten aber Sätze über die vom Vorgänger Bush geerbte Wirtschaftskrise und Konjunkturspritzen aus. Mehr als je zuvor in seinen beiden Amtsjahren griff Obama dabei die Republikaner an. Es handele sich um »eine Wahl zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Hoffnung und Angst, zwischen vorwärts oder rückwärts«.

Am Donnerstagmorgen sprach der USA-Präsident vor den laufenden Kameras des mitreisenden Pressekorps mit Angestellten und Kunden in einem Doughnut-Geschäft. An der Universität von Seattle im Bundesstaat Washington rief er vor 13 000 Zuhörern später zur Wahl seiner in Bedrängnis geratenen Parteikollegin Patty Murray auf, an deren Senatssitz ein Republikaner sägt. Dem Auftritt folgten millionenschwere interne Geldsammelaktionen im kalifornischen Palo Alto, der Hauptstadt des berühmten Silicon Valley.

Auch den Freitag verbrachte Obama vor Tausenden in Kalifornien; auch hier waren seine Reden vom Tenor der Vortage bestimmt. An der University of Southern California in Los Angeles versuchte er, der Senatorin Barbara Boxer mit Blick auf die Wahlen den Rücken zu stärken. 37 000 Menschen wohnten der Veranstaltung bei. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der angeschlagenen Amtsinhaberin Boxer und ihrer konservativen Herausfordererin Carly Fiorina wird von den Medien landesweit verfolgt. Denn Fiorina war als Chefin des Computerherstellers Hewlett-Packard eine der mächtigsten Wirtschaftsgrößen des Landes. Sie wird vom kalifornischen Gouverneur Armold Schwarzenegger unterstützt.

Danach reiste Obama in die Wüste von Nevada nach Las Vegas, wo ein weiterer Demokrat die Machteinbuße befürchten muss. Es handelt sich um den Fraktionschef der Partei im Washingtoner Senat, Harry Reid. Er liefert sich Umfragen zufolge seit Wochen ein besonders enges Rennen mit der Neukandidatin ums Amt, Sharron Angle, die innerhalb der Republikanerpartei am äußersten rechten Rand steht.

Ab Mitte dieser Woche wird Obama nun den Mittleren Westen und den Nordosten der USA bereisen, um demokratischen Kandidaten Schubkraft zu verleihen. Auch in seiner Heimatstadt Chicago. Dort hatte der Präsident einst seinen Senatssitz errungen. Dem jetzigen demokratischen Anwärter droht eine Niederlage.

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