Edelmetall auch am Reck
Bronze für Hambüchen / Cottbuser Boy mit WM-Silber im Mehrkampf
Fabian Hambüchen stieß seinen bekannten Urschrei aus, Philipp Boy schaute betroffen ins Leere: Der deutsche Vorturner hat am Sonntag in Rotterdam mit Bronze am Reck seine siebte WM-Medaille gewonnen.
Das spannende Duell der beiden deutschen Rivalen am Königsgerät hatte seit Tagen die Aufmerksamkeit der Turn-Fans nicht nur im eigenen Lande auf sich gezogen. In der Stunde der Entscheidung erwies sich der kleine Hesse wenige Stunden vor seinem 23. Geburtstag als einen Tick abgebrühter. Der Sieg ging vor euphorischer Kulisse in der mit 8200 Zuschauern ausverkauften Ahoy-Arena – darunter der niederländische Thronfolger Willem Alexander – an den Chinesn Zhang Chenlong (16,166) vor dem Lokalmatadoren Epke Zonderland (16,033).
Hambüchen zog an seinem Spezialgerät gegenüber dem Vorkampf noch ein weiteres Register und erhöhte den Schwierigkeitsgrad auf 7,1. Für seine saubere Ausführung wurde er von den Referees mit 15,966 Punkten belohnt. Philipp Boy spulte seine Reck-Show erstmals sogar mit Ausgang 7,3 zwar sicher ab, konnte aber in der Perfektion nicht an ihn heranreichen und belegte mit 15,833 Zählern Rang vier. Für Hambüchen war es bereits die 19. Medaille bei Olympia, WM oder EM (7/3/9).
Zum letzten Mal hatten vor 19 Jahren zwei Deutsche ein WM-Finale am Reck erreicht. Damals entschied der Hannoveraner Ralf Büchner als Weltmeister in Indianapolis das Duell gegen Sylvio Kroll (6.) für sich. Zuvor hatte Hambüchen in seinem ersten WM-Finale am Barren auf Platz vier die Medaille haarscharf verpasst. »Beim Abgang hatte ich einen kleinen Hopser. Für Bronze hätte es wohl auch ohne den nicht gereicht. Ich bin aber zufrieden«, meinte Hambüchen, während sich der Chinese Feng Zhe überlegen als der Beste (15,966) erwies.
Damit beendeten die Deutschen die WM mit drei Medaillen: Zuvor hatten Philipp Boy mit Silber im Mehrkampf und das Team mit der unverhofften Bronzemedaille beeindruckt. Auch ohne die nur in kühnsten Träumen erhoffte dritte WM-Plakette erlebte Boy in Rotterdam die bisher größten Festtage seiner Karriere und wirbelte damit die bestehende deutsche Hackordnung gehörig durcheinander.
Noch zwei Tage nach dem dritten Sechskampf in nur sechs Tagen spürte der 23-jährige Cottbuser Schmerzen in allen Gliedern. »Na klar, das steckst du nicht so leicht weg. Aber der Mehrkampf – das ist die Königsdisziplin: Als ich auf dem Podest stand, war der Muskelkater vergessen«, räumte er ein. Für Europameister Hambüchen gibt es nun nur ein Ziel: So schnell wie möglich die Fußprobleme ablegen und in Berlin bei der nächsten Mehrkampf-EM dem neuen Frontmann Paroli bieten. Doch in der Boy-Group drängeln sich die nächsten Top-Turner: Matthias Fahrig drängt nach verpassten WM-Finals auf Wiedergutmachung, der verletzte deutsche Meister Marcel Nguyen gratulierte. »Ich finde es gut, dass jetzt die anderen an Fabians Thron rütteln. Die Mannschaft wird damit immer stärker«, ließ er verlauten.
Trainer Andreas Hirsch kommt die gesunde Konkurrenz im Team sehr gelegen. »Natürlich könnten sich hier alle friedlich an den Händen fassen. Aber wenn dadurch keine Leistung kommt, hätten wir nichts gewonnen«, meinte der Berliner, der die deutschen Turner 2002 aus dem Nichts übernahm und inzwischen zu einer geachteten Weltmacht formte. Eine seltene Ehre wurde Boy zudem in Rotterdam zuteil: Journalisten wählten ihn zum elegantesten Turner des Turniers. Mit 5000 Euro und einer Schweizer Uhr ist die Auszeichnung dotiert.
Für Elisabeth Seitz platzten hingegen alle Finalträume wie eine Seifenblase. Nach zwei unfreiwilligen Absteigern blieb für die Mannheimerin am Stufenbarren nur der achte Platz. Mit einem guten zwölften Mehrkampfplatz hatte die 16-Jährige zuvor aber ihr Potenzial nachdrücklich angedeutet.
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