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Von Niederlagen und Siegen

Mobilitätskonferenz: Gewerkschafter berichten über Lage der weltweiten Autoindustrie

  • Barbara Martin, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Freitag begann eine Tagung der LINKEN und der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Unter dem Titel »Auto.Mobil.Kri- se« beraten bis heute Abend Gewerkschafter und Wissenschaftler über die Zukunft der Mobilität.

Mit einem Blick über den deutschen Tellerrand hat am Freitag in Stuttgart die Internationale Mobilitätskonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) und der Bundestagsfraktion der LINKEN begonnen. Ein Dutzend Gewerkschafter aus aller Herren Länder berichtete über die Lage der Autoindustrie vor Ort. Hoffnung gab den rund 70 Zuhörern der Blick nach Brasilien und China. Ansonsten schälte sich der Eindruck heraus: Nach der Krise geht es so neoliberal weiter wie zuvor.

Die Diskussionsrunde gehörte offiziell noch nicht zum Kongress sondern war das Internationale Forum der RLS. Dennoch, bei der Suche nach einer anderen Art der Mobilität und damit auch neuen Lebensentwürfen, die sich der Kongress zur Aufgabe gemacht hat, können Eindrücke aus anderen Ländern hilfreich sein. Und sei es, um festzustellen, dass international die Metallarbeitergewerkschaften sich derzeit weniger Sorgen um Ökologie als vielmehr vorrangig um Arbeitsbedingungen in der Autobranche machen. Denn der Aufschwung kommt bei den Beschäftigten nicht an.

Ziemlich übereinstimmend berichteten die Gewerkschafter aus Nordamerika, Ungarn, Mexiko, Frankreich, Schweden, Südafrika und Deutschland, dass nach dem tiefen Krisental mit mehr oder weniger Entlassungen zwar nun die Produktion von Autos wieder anlaufe. Doch niemand scheint dem Aufschwung zu trauen: Leiharbeit boomt, Löhne stagnieren oder sinken, Festanstellungen sind selten. Herman Rosenfeld, Gewerkschafter aus Kanada, sagte, die Insolvenzen von General Motors und Chrysler in den USA seien »das Waterloo der Gewerkschaften« gewesen. »Die Arbeiter sind wie gelähmt.«

Einen positiven Blick in die Zukunft warf Au Loong aus China. Die Streikwellen im vergangenen Frühjahr in einer Reihe von Unternehmen, darunter Honda, hätten viel gebracht. Erstmals habe die örtliche Regierung die Forderungen der Arbeiter als legitim anerkannt: Eine 34-prozentige Lohnerhöhung wurde durchgesetzt. Die junge Wanderarbeitergeneration sei gut ausgebildet und habe hohe Erwartungen, so Loong. Immer häufiger komme es zu Arbeitsniederlegungen, die staatlichen Gewerkschaften gerieten unter Druck, örtliche Medien zeigten zunehmend Sympathie für die Streikenden. Loong: »Im Verhältnis zu Chinas Größe sind es immer noch wenig Streiks. Aber ich erwarte, dass die Arbeiterbewegung wachsen wird.«

In Brasilien sieht es ganz anders aus: In der nur sechs Monate währenden Krise habe man im Großen und Ganzen die Arbeitsplätze halten können, berichtete Valter Sanches, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Daimler AG. Wohl aufgrund der verlässlichen Wirtschafts- und Industriepolitik von Noch-Präsident Lula hätten die großen Unternehmen Investitionen angekündigt. »Wir hatten noch nie eine so positive wirtschaftliche Situation«, sagte Sanches und die Beschäftigten profitierten ebenfalls davon: So seien bei einer Inflationsrate von 4,5 Prozent zuletzt stolze elf Prozent Lohnerhöhung durchgesetzt worden. Nun müsse man aber die Gewerkschaftsarbeit mit der politischen Arbeit verknüpfen. Denn bei der anstehenden Präsidentschaftsstichwahl in Brasilien gehe es um sehr viel. Sanches: »Es entscheidet sich, ob wir zurück in den Neoliberalismus gehen oder eine starke demokratische Regierung bekommen.«

Der offizielle Kongress begann am Freitagnachmittag. Bis zum Samstagabend wollen sich die Teilnehmer in zahlreichen Workshops mit der Ökonomie der Autos, möglichen Wegen aus der Krise, regionalen Initiativen, Klimafragen, dem Schienenverkehr, der Elektromobilität und natürlich mit Stuttgart 21 befassen.

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