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Die Göttinnen in Frankreich

Klaus Möckel und die Mätressen

  • Jan Eik
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer kennt schon die schöne Anna Sydow, ist mit der (systematisch verfälschten) Biografie der Gräfin Wartenberg vertraut oder weiß, welche Rolle die Trompeterstochter Wilhelmine Encke in der preußischen Geschichte spielte. Nein, die (mitunter nicht einmal tatsächlichen) Hohenzollern-Mätressen machen historisch nicht viel her, schon gar nicht im Jahr der braven Ehefrau, zehnfachen Mutter und alles überstrahlenden Königin Luise.

Ganz anders hingegen Frankreich. Von so verruchten Persönlichkeiten wie Madame Pompadour oder der Gräfin du Barry hat jeder wenigstens gehört, und dass sie nur die letzten beiden in einer langen Reihe königlicher Gespielinnen gewesen sind, erfahren wir jetzt detailliert aus Klaus Möckels ebenso unterhaltsamem wie lehrreichem Buch. Amüsiert nimmt man außerdem zur Kenntnis, dass die Weltgeschichte den Nebenfrauen neben der berühmten Pompadour manch anderes verdankt, den Damensattel und die weibliche Unterhose beispielsweise.

Klaus Möckel, kenntnisreicher Übersetzer und Herausgeber französischer Literatur, hat seine Karriere als Autor vor vierzig Jahren mit einem historischen Abenteuerroman begonnen – »Ohne Lizenz des Königs« – und im Verlauf von vier Jahrzehnten eine ganze Reihe von Kriminalromanen und -erzählungen geschrieben. Sein Bericht »Hoffnung für Dan« fand in der DDR weite Verbreitung. Nach Ausflügen in die Science Fiction und etlichen Krimis für Kinder ist der promovierte Romanist jetzt zu seiner ursprünglichen Materie zurückgekehrt und krönt sein Werk mit zwölf historischen Miniaturen, erzählt in einem gut lesbaren Stil und mit großer Sachkenntnis.

Dass die Könige – von Karl VII. bis zu Ludwig XV. – dabei schlechter wegkommen als ihre »maitresses en titre« liegt wohl in der Natur des Themas. Davon bleibt nicht einmal der viel gerühmte Henri Quatre ausgenommen, mit einer Medici verheiratet und bei Möckel gleich mit zwei Geliebten vertreten. Die Herren, sämtlich kaum am Wohl ihres Volkes interessiert, geizten nicht mit Titeln und reichlichen Geschenken. Da ist das eigene Theater, das eine ihrer späten deutschen Nachfahrinnen erhielt, wahrlich ein Klacks …

Erschreckend eigentlich, wie sich die Geschichten der Damen ähneln: Verbissen und intrigant kämpften sie zumeist um Macht und Einfluss. Und überlebten sie ihre spendablen Wohltäter, erging es fast allen anschließend übel. Die verschwendungssüchtige du Barry, bürgerlich als Jeanne Bécu geboren, genoss nur sechs Jahre die Freuden einer königlichen Favoritin, dann schickte man sie ins Kloster. Immerhin lebte sie in einigem Wohlstand, überstand anfangs sogar die Wirren der französischen Revolution – und wurde 1793 schließlich doch noch guillotiniert.

Klaus Möckel: Die Gespielinnen des Königs. Frankreichs berühmteste Mätressen. Verlag Das Neue Berlin. 400 S., geb., 16,95 €. €

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