Punkrock mit Elvistolle
Metal, Blues, Rockabilly und Country: Volbeat auf Tour zum neuen Album
Petticoats, gepunktete Schleifen, Blue Jeans mit Umschlag, Hosenträger: Die so Gestylten stechen aus der Masse der dunkel gekleideten Konzertgänger heraus und geben einen Hinweis darauf, was für Musik hier gespielt werden soll. Die Rockabilly-Metaller Volbeat traten am Sonntagabend in der Arena Berlin auf. Die Dänen sind derzeit auf Tour zum vierten Studioalbum »Beyond Hell/Above Heaven«, das Anfang September erschienen ist.
Die zwei Stunden Vorprogramm, gefüllt mit Heavy Metal und daher größtenteils eher typisch unverständlichen Songs von The Kandidate und Entombed bringen das Publikum höchstens in Sachen Lautstärke in Stimmung. Erst mit den letzten Songs von Entombed und als Volbeat-Sänger Michael Schøn Poulsen die Bühne betritt, und Frontmann L.G. Petrov begleitend unterstützt, kommt ehrlicher Jubel auf.
Der Umbau für Volbeat findet hinterm Rockabilly-Logo statt: Vom die Bühne verdeckenden Transparent grinst ein Schädel mit Elvistolle herab, die Hells Bells von AC/DC sorgen für knisternde Ruhe. Zahlreiche Hände heben sich, bereit, die Band mit Handykamera oder Applaus zu empfangen. Vom ersten Akkord an brennt die Luft, spätestens nach dem zweiten Song ist die gelackte Locke von Sänger Poulsen und die der Fans weggeschmolzen.
Auch die Songs vom neuen Album begeistern mit dem gelungen Mix aus Punkrock, Heavy Metal, Country und Rock'n'Roll der 60er Jahre – scheinen allerdings noch eher unbekannt beim Publikum zu sein. Doch das Konzert ist keine reine Werbeveranstaltung für das neue Album, Volbeat spielen zum Großteil Songs der vorherigen drei Platten.
In einem Wort lässt sich das Zusammenspiel der Band kaum beschreiben. Am ehesten ließe es sich als melodischer Punkrock bezeichnen, der es schafft, neben harte Schlagzeug- und Basslines eine Stimme zu legen, die in der Lage ist, zu metaldurchsetztem Rock Geschichten zu erzählen.
Poulsons kraftvolle Stimme tönt über die Musik hinweg und transportiert gute Laune und Inhalt gleichermaßen. Der beste Beweis für das Gelingen dieser Mischung sind Songs wie »Sad Man's Tongue«, zu welchem Gitarrist Thomas Bredahl an der Akustikgitarre aufspielt und die Menge fast komplett mitsingt. Stücke wie das neue »16 Dollars« könnten auch zum extrem schnellen Twist taugen. Bei »I only wanna be with you« werden aus der pogenden Masse vor der Bühne plötzlich viele Pärchen, die im schnellen Tempo umherwalzen.
Anders Kjølholm am Bass und Jon Larsen am Schlagzeug vervollständigen die Besetzung. Bass und Gitarre wechseln ständig die Position, überlassen mal Sänger Poulsen an der Gitarre die vordere Bühne, mal zieht sich der Frontmann ans hintere Mikro zurück und gibt beispielsweise bei »Soulweeper« der Musik selbst den Vorrang.
Der Bezug zu AC/DC dient nicht nur dem Spannungsaufbau vor Konzertbeginn. Stilistisch orientieren sich Volbeat an Bands wie Metallica, Slayer und AC/DC. Dazu kommen die Einflüsse von Musikern wie Johnny Cash und Elvis Presley. Zitate, musikalisch oder im Text finden sich von nahezu all diesen Künstlern. Dennoch kreieren Volbeat ihren eigenen, unverwechselbaren Stil, der schließlich dafür sorgt, dass im Publikum Metal-, Punkrock- und Bluesfans gleichermaßen feiern.
Mag es am Sonntag auch gelegentlich Probleme mit dem Sound gegeben haben, die eine oder andere Rückkopplung fiepte zwischendurch unangenehm in die aufgesperrten Ohren – Volbeat haben wieder einmal bewiesen, dass ihr Stil nicht nur in der gut abgemischten Studiovariante wirkt. Die »Elvisrocker« sind seit 2001 unterwegs und werden mit dem neuen Album an ihren bisherigen Erfolg anknüpfen. »Beyond Hell/Above Heaven« nimmt wieder einzelne erzählerische Momente der letzten Platten auf, ist jedoch kein reines Konzeptalbum. Einen neuen Lieblingssong zu finden, fällt schwer – ein gutes Zeichen.
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