Bald keine freien Wohnungen mehr

Leerstand geht drastisch zurück / BBU: Kein Zusammenhang mit steigenden Mieten

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Unter dem Motto »Wohnungen für alle! Schluss mit der Lagerunterbringung für Flüchtlinge!« demonstrierten gestern am Checkpoint Charlie das Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg sowie andere antirassistische Gruppen. Sie fordern den Senat auf, für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu sorgen.
Unter dem Motto »Wohnungen für alle! Schluss mit der Lagerunterbringung für Flüchtlinge!« demonstrierten gestern am Checkpoint Charlie das Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg sowie andere antirassistische Gruppen. Sie fordern den Senat auf, für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu sorgen.

Steht Berlin eine neue Wohnungsnot bevor? Die gestern vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) vorgelegten Zahlen lassen jedenfalls nichts Gutes ahnen. Steigt bei weiterhin stagnierendem Neubau die Zahl der Haushalte wie bisher an, könnte es nach einer Prognose des Hamburger GEWOS-Institutes in fünf Jahren in Berlin nur noch 3000 nicht vermietete Wohnungen geben, womit die Leerstandsquote gegen Null ginge. »Berlin ist auf dem Weg zu einem Angebotsproblem«, konstatierte BBU-Vorstand Maren Kern.

Ende 2009 standen allein bei den Mitgliedsunternehmen des Verbandes, die etwa 40 Prozent des Berliner Wohnungsbestandes verwalten, noch 22 000 Wohnungen leer. Mit 3,5 Prozent ist damit die Leerstandsquote die niedrigste seit 13 Jahren. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geht immer noch von 5,5 Prozent Wohnungen ohne Mieter aus.

Trotz der Entwicklung will auch Kern noch nicht von einem Wohnungsmangel sprechen. Durch den Rückgang des Leerstands werde auch nicht die Miete in die Höhe getrieben. Im vergangenen Jahr hatten die Mieter in den BBU-Wohnungen einen Anstieg von 1,9 Prozent auf 4,79 Euro netto/kalt pro Quadratmeter zu verkraften. Im Vorjahr lag er noch bei 2,8 Prozent. »Wir orientieren uns an der Zahlungsfähigkeit der Mieter, nicht an der Leerstandsentwicklung«, meinte Kern. Angesichts von 800 000 Millionen Euro, die in die Verbesserung der Wohnungen investiert wurden, falle der Anstieg moderat aus.

Am geringsten ist der Leerstand in den begehrten Wohngebieten wie Prenzlauer Berg (1,5 Prozent) Wilmersdorf (1,6) Mitte, Steglitz und Charlottenburg (je 1,9), am höchsten in Hellersdorf (8,1), Marzahn (5,8) und Zehlendorf (5,5). Aber auch in Hellersdorf und Marzahn gingen die Leerstände drastisch zurück. Besonders nachgefragt und deshalb knapp sind kleine Wohnungen bis 60 Quadratmeter Fläche und große über 90 Quadratmeter.

Am teuersten sind die Wohnungen in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo im Durchschnitt 5,24 Euro pro Quadratmeter fällig werden, Steglitz-Zehlendorf (5,07 Euro) und Friedrichshain-Kreuzberg (5,05). Am günstigsten wohnt man in Marzahn-Hellersdorf (4,46), Reinickendorf (4,53) und Pankow (4,60). Wer aber eine neue Wohnung mieten will, zahlt in Charlottenburg-Wilmersdorf (5,98) und Friedrichshain-Kreuzberg (5,73) am meisten. In Friedrichshain-Kreuzberg fällt besonders ins Gewicht, dass hier kleine Wohnungen sehr gefragt sind. »Kleinere Wohnungen sind deshalb in der Regel pro Quadratmeter etwas teurer als große«, so Kern. Im Durchschnitt wurden bei einem neuen Mietabschluss 5,26 Euro pro Quadratmeter verlangt, 18 Cent mehr als 2008.

Angesichts dieser Entwicklung hat der Senat eine Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Mieten gestartet, die der BBU aber ablehnt. Statt über solche Instrumente sollte das Land besser darüber nachdenken, »wie der Neubau angekurbelt werden könnte«. Denn die niedrigen Neubauzahlen seien vor allem Folge der geringen Miethöhen. Der Neubau rechne sich erst bei Mieten ab zehn Euro pro Quadratmeter und Monat. Da aber auch der BBU weiß, dass die Berliner Mieter diese Summen nicht bezahlen können, fordert er eine neue Förderstrategie. Beispielsweise sollte der Senat günstiges Bauland etwa am stillgelegten Flughafen Tempelhof oder am Humboldthafen bereitstellen. »Es kann nicht sein, dass die Stadt begehrte Grundstücke zu Höchstpreisen vorzugsweise für den Bau von Hotels, Büros oder Luxuswohnungen verkauft«, sagte Kern.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.