Schwarz-Grün in Hamburg geplatzt

GAL kündigt Koalition mit der CDU / Neuwahlen im kommenden Frühjahr

  • Rainer Kreuzer, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Hamburger Grünen kündigten am Sonntag überraschend die schwarz-grüne Koalition auf. Die Begründungen blieben zunächst diffus. Doch das Bündnis aus CDU und GAL galt seit Längerem als angeschlagen.

»Wir sind überzeugt, dass Neuwahlen das ehrlichste Angebot an die Stadt sind«, liest Landesvorsitzende Katharina Fegebank von ihrem Zettel ab. Sie spricht ihre Notizen regungslos, als gelte es, nun bloß keinen Fehler zu machen: nicht mehr sagen als nötig. »Anlass für die Entscheidung ist der fünfte Rücktritt eines Senatsmitgliedes binnen weniger Monate«, ergänzt Fraktionsvorsitzender Jens Kerstan. »Die Arbeitsfähigkeit in der Koalition hat sich so verschlechtert, dass wir nicht mehr an eine erfolgreiche Zusammenarbeit glauben.« Schulsenatorin Christa Goetsch spricht kryptisch von »Missmanagement« und darüber, dass »Absprachen nicht belastbar sind«. Im Saal wächst die Unruhe. Die Journalisten wollen endlich inhaltliche Gründe hören.

Doch damit tun sich die versammelten Großkopferten der Partei an diesem eiskalten Sonntagmittag schwer. Da wird nebulös von einer schlechten Gesamtsituation gesprochen und die »Art, wie Entscheidungen umgesetzt werden«. Einzig Justizsenator Till Steffen gibt etwas Futter. Er nennt das Beispiel Dirk Jens Nonnenmacher. Die CDU habe den skandalumwobenen HSH-Nordbank-Chef zu lange gewähren lassen. Die GAL habe erst mit einem Koalitionsbruch drohen müssen, bevor der Manager gefeuert wurde.

Die geplanten Kürzungen in der Kulturpolitik nach dem Bürgermeisterwechsel hatten zu großen Protesten geführt. Auch das gefällt der GAL nicht, wird angedeutet. Denn ihre Zielgruppe, die gebildeten und besser verdienenden Eimsbüttler, geht eifrig mit auf die Straße.

Rund zwei Kilometer weiter nördlich, am feinen Leinpfad in Winterhude, läuten bei der CDU die Alarmglocken. Der Landesvorstand muss sich schnell zusammenraufen und reagieren. Bürgermeister Christoph Ahlhaus sagt, er sei »überrascht und enttäuscht«. Seine drei GAL-Senatoren wolle er noch am gleichen Tag feuern. Landesvorsitzender Frank Schira eröffnet zugleich den Wahlkampf und beschwört das »rot-rot-grüne Gespenst«. »Die Grünen entwickeln sich in Hamburg zu einer Dagegen-Partei wie im Bund.« Vor Neuwahlen habe die CDU keine Angst, verkündet Ahlhaus.

Am 15. Dezember wollen die Grünen in der Bürgerschaft nun einen Antrag auf Neuwahlen stellen. Kurz vorher soll auf einem Mitgliederabend und auf einer Landesversammlung nochmals abgestimmt werden. Im kommenden März können dann die Hamburger frühestens eine neue Bürgerschaft wählen. Auf eine Koalitionsaussage für die Regierungszeit danach verzichtete die GAL-Führung. Die SPD hingegen setzt schon seit dem Bürgermeisterwechsel vergangenen Sommer auf ein künftiges rot-grünes Bündnis. Landesvorsitzender Olaf Scholz will als Spitzenkandidat antreten und ist »entschlossen, Hamburger Bürgermeister zu werden«, erklärt er. Fraktionsvorsitzender Michael Neumann hat bereits für diese Woche einen Termin mit der GAL vereinbart. Mit der Linksfraktion habe er bereits einvernehmlich über die weitere Zukunft gesprochen, teilte er mit.

Die LINKE selbst begrüßte den »längst überfälligen Schritt« der GAL. »Das Scheitern der Koalition ist die logische Folge der schlechten Politik«, teilte die Fraktion am Sonntag mit. Seite 5

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