29 Cent am Tag für Bauern
LINKE und Landwirte befürworten neue Pläne für Agrarförderung
50 Milliarden Euro sind eine Menge Geld. Es ist der Betrag, den die Europäische Union für Agrarsubventionen ausgibt. Viel zu viel, sagen Kritiker, die jetzt eine Chance zum Kürzen sehen: 2014 beginnt in der EU eine neue Förderperiode, vor der die Agrarförderung neu ausgerichtet werden soll. Erste Ideen stellte der zuständige Kommissar Dacian Ciolos unlängst vor.
Landwirte wie Gerhard Förster plädieren für Zuschüsse in gleicher Höhe. Angesichts des hohen Preisdrucks bei Agrarpodukten wie Getreide oder Milch stellten die Fördergelder eine wichtige Einkommensquelle für Bauern dar, so der Vizechef des sächsischen Landesbauernverbandes auf einem Podium auf Einladung der LINKEN in Dresden. Frühere Agrarreformen hätten die Einkünfte gegenüber 1992 auf 55 Prozent sinken lassen. Förster betont, dass Landwirte nicht mehr Förderung erhielten als Auto- und Textilindustrie; sie werde aber überwiegend von der EU geleistet. Überhöht sei das Budget nicht: Jeder EU-Bürger zahle pro Tag 29 Cent dafür, dass Bauern gesunde Lebensmittel erzeugen und Landschaften pflegen.
Für eine Beibehaltung des jetzigen Volumens der Förderung plädiert auch die LINKE. Das Geld solle aber nach ökologischen und sozialen Kriterien verteilt werden, sagte Enno Rosenthal, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Agrarpolitik und ländlicher Raum. Diese hatte im Juni Vorschläge zur Neugestaltung der Agrarpolitik vorgelegt und registriert jetzt mit Genugtuung, dass Ciolos' Pläne in eine ähnliche Richtung weisen. Dieser strebt beispielsweise eine »Grundsicherung« für Landwirte an, die indes gedeckelt sein soll. Darüber hinaus sollen Prämien für ökologisch wertvolle Leistungen wie die Bewirtschaftung von Grünland gezahlt werden. Die LINKE strebt an, Prämien nicht zu gewähren, wenn Grünland umgepflügt, Agro-Gentechnik genutzt und ein bestimmter Tierbesatz je Hektar überschritten wird.
Bei den Debatten in den EU-Mitgliedstaaten kommt es nun vor allem darauf an, die Interessen der Betriebe zu wahren, die wirklich landwirtschaftlich tätig sind, sagte Kirsten Tackmann, Fachpolitikerin der Bundestags-LINKEN. Fördergelder sollten nicht an Großunternehmen und Grundeigentümer wie Südzucker und Rheinmetall gehen. Stattdessen sollten sich die Zahlungen an der Zahl der Beschäftigten oder, was für die ostdeutschen Agrargenossenschaften interessant ist, an derjenigen der Gesellschafter orientieren – und an der Entlohnung: »Wir wollen Mindestlohn auch auf dem Land«, so Tackmann. Davon ist man aber weit entfernt, erwiderte Förster: 2008 seien die Einkommen in der Landwirtschaft um 25 Prozent gesunken, 2009 um weitere 7 Prozent. Ein Bauer im Haupterwerb verdiene 22 000 Euro im Jahr, wovon er auch sich versichern und investieren muss. Jede Kürzung der EU-Hilfen, so Förster, »senkt den Betrag noch weiter«.
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