Zentralbank setzt EU-Gipfel unter Druck

EZB erhöht ihr Grundkapital stark

  • Lesedauer: 2 Min.
Es sollte ein Gipfel der Juristen werden. Doch dann feuerte Europas oberster Währungshüter den EU-Chefs einen Warnschuss vor den Bug.

Brüssel (dpa/ND). Zwei Stunden vor Beginn des Euro-Krisengipfels schlug die Europäische Zentralbank (EZB) Alarm: Wegen unabsehbarer Risiken muss die EZB ihr Grundkapital bis spätestens Ende 2012 auf 10,8 Milliarden Euro nahezu verdoppeln. Sie will sich für einen möglichen Totalausfall von Staatsanleihen beispielsweise aus Griechenland wappnen. Nach dieser Ankündigung standen die EU-Staats- und Regierungschefs mächtig unter Druck, bis heute eine überzeugende Strategie zur dauerhaften Absicherung des Euro zu präsentieren. Auch EZB-Chef Jean-Claude Trichet stieß zur Gipfelrunde, um die Lage zu erläutern.

Bisher ist es vor allem die unabhängige Zentralbank, die zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung beiträgt. Denn jede Woche kauft die EZB im Stillen Staatsanleihen von Schuldenstaaten in Milliardenhöhe auf. Jetzt muss die Notenbank ihre Eigenkapitalbasis stärken, um ihr Ankaufprogramm besser mit Kapital zu unterlegen. Bei einigen Papieren drohen massive Wertverluste.

Der EU-Gipfel sah sich mit einer völlig neuen Situation konfrontiert. Eigentlich wollten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs bei den zweitägigen Beratungen die Weichen für einen dauerhaften Auffangschirm für klamme Eurostaaten stellen. Der sogenannte Krisenmechanismus soll von 2013 an greifen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Debatte um eine Vertragsänderung angestoßen. Die deutsche Regierung fürchtet, ohne diese Klarstellung könne das Bundesverfassungsgericht im Fall einer Klage deutsche Hilfszahlungen für illegal erklären. Es wurden auch harte Debatten erwartet, ob der derzeitige, mit 750 Milliarden Euro ausgestattete Rettungsschirm ausreicht oder aufgestockt werden muss. Deutschland ist dagegen.

Vor dem Gipfel bemühten sich die Staats- und Regierungschefs, ihre Differenzen der vergangenen Wochen etwa über die Einführung gemeinsamer Euro-Bonds auszuräumen und versöhnlich aufzutreten. Unterschiedliche Auffassungen über die richtige Strategie waren in öffentlichem Streit geendet. Vor allem Merkel sah sich Angriffen ausgesetzt, »uneuropäisch zu handeln«. Am Donnerstag bekannte sich die Bundeskanzlerin klar zum Euro. Bei dem Treffen mit konservativen Spitzenpolitikern aus Europa in der Nähe von Brüssel sagte die Kanzlerin, die Staats- und Regierungschefs müssten deutlich machen, dass »wir uns alle dem selben Ziel verschrieben haben«. Es gehe darum, »mit einer stabilen Währung auch ein stabiles Europa herzustellen«.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.