Verfassungsklage gegen Nachtragshaushalt
Spekulationen über Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen / Grüne würden profitieren
Die Strategie von der oppositionellen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen steht auf zwei Beinen: Sie umfasst einerseits eine Normenkontrollklage vor dem Verfassungsgerichtshof Münster. Zudem soll das Gericht kurzfristig eine einstweilige Anordnung gegen den milliardenschweren Sonderetat erlassen, um »den Vollzug des Nachtragshaushalts einstweilen zu verhindern«.
Schon wird an Rhein und Ruhr über Neuwahlen spekuliert. »Es gibt keine Linie und auch keine Absprache«, wird die grüne Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann zitiert. Erst wenn Münster entschieden habe, werde man sich innerhalb der Koalition kurzschließen. Laut der SPD-nahen »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung« divergieren die Meinungen innerhalb des rot-grünen Lagers: die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und »einflussreiche Grüne« würden demgemäß schnelle Neuwahlen bevorzugen, sofern Münster eine einstweilige Anordnung erlässt. »In der SPD-Fraktion« herrsche hingegen Skepsis.
»Der Zeitpunkt einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist noch nicht absehbar«, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. CDU und FDP rechnen mit einer Entscheidung noch in diesem Jahr.
Eine Neuwahl würde vor allem den Grünen nutzen: Sie könnten laut Umfragen stark in der Wählergunst zulegen und entsprechend ihre koalitionsinterne Machtposition ausbauen. Das wäre weder im Interesse des schwarz-gelben Blocks noch im Interesse »der Wirtschaft«, die derzeit aus allen Rohren gegen grün geprägte und als wirtschaftsfeindlich empfundene Reförmchen schießt, insbesondere im Bereich Klimaschutz. Rot-Grün weisen die Demoskopen stabile und deutliche Umfragemehrheiten aus. Derzeit fehlt den beiden Parteien im Landtag ein Sitz und damit eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Rot-Grün mini ist zumeist auf die Unterstützung der Linksfraktion angewiesen.
Enorm schaden würde eine Blockade den in NRW extrem klammen Kommunen, die durch den Nachtragshaushalt im dreistelligen Millionenbereich entlastet werden sollen. Nur ein Tropfen auf den heißen Stein, monieren LINKE und NRW-Städtetag. Doch immerhin besser als nichts: Essen, viertgrößte Stadt des Landes und einst stolzer und finanziell potenter Sitz großer Kohle- und Stahlunternehmen, will derzeit an seinen Beamten sparen. Und schickt sie zwischen den Jahren in Zwangsurlaub. Andere Ruhrstädte wie Oberhausen, Mülheim und Gelsenkirchen wollen ähnlich verfahren.
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