100 000 Euro für Spielmanipulationen
St. Paulis früherer Stürmer René Schnitzler hat Geld angenommen, will aber nicht betrogen haben
Im Fußball-Wettskandal hat sich ein weiterer Profi offenbart. Der frühere St.-Pauli-Stürmer René Schnitzler gab im Gespräch mit dem Magazin »Stern« zu, 100 000 Euro von einem Wettpaten kassiert zu haben, der sich »Paul« nannte. Allerdings bestritt Schnitzler eine Manipulation der betreffenden Spiele im Jahr 2008. Er berichtete, spielsüchtig zu sein. »Seit ich 18 Jahre alt bin, gab es kaum einen Tag, an dem ich nicht gespielt habe«, wird der Angreifer zitiert.
Der Hamburger Kiezverein reagierte überrascht auf das Geständnis. »Das hat uns geschockt, auch wenn hier anscheinend keine Manipulation vorliegt. Wenn sich ein Spieler mit der Wettmafia einlässt, dann wird der Sport eindeutig mit Füßen getreten. Das verurteilen wir aufs Schärfste«, sagte St. Paulis Sprecher Christian Bönig. In diesem Fall habe es den Anschein, dass Schnitzler einen Betrüger betrogen habe. »Zum damaligen Zeitpunkt haben wir keine Auffälligkeiten bemerkt. Wenn wir etwas gemerkt hätten, dann hätten wir es umgehend gemeldet. Leider können Vereine nicht bis ins Detail die Freizeitgestaltung ihrer Spieler kontrollieren oder steuern«, ergänzte Bönig.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) kündigte nach den Aussagen des derzeit vereinslosen Profis Untersuchungen an. »Der Ligaverband hat unverzüglich Maßnahmen eingeleitet. Nach gegenwärtigem Stand sind uns keine Auffälligkeiten bekannt. Weder haben wir seitens Sportradar Hinweise zu auffälligen Wettbewegungen erhalten, noch hat der Spieler, der bei drei der fünf angegebenen Partien gar nicht zum Einsatz gekommen ist, Spielmanipulationen zugegeben«, hieß es in der DFL-Erklärung.
Man habe beim Wettkontrolleur Sportradar eine erneute Prüfung der genannten Spiele in Auftrag gegeben. Zudem würden die im Wettskandal ermittelnde Staatsanwaltschaft Bochum und der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt.
Zwischen 2007 und 2009 hatte es René Schnitzler auf 33 Einsätze (7 Tore) für die St. Paulianer gebracht. Bei den fraglichen Partien, die Schnitzler hätte manipulieren sollen, soll es sich nach »Stern«- Angaben um Auswärtsspiele der Hanseaten bei Mainz 05 (18. Mai 2008, 1:5), bei Hansa Rostock (26. September 2008, 0:3), beim FC Augsburg (19. Oktober 2008, 2:3), beim MSV Duisburg (29. Oktober 2008 2:1) und erneut bei Mainz 05 (23. November 2008, 2:2) handeln.
Laut »Stern« soll der von Schnitzler genannte Wettpate »Paul« ein Niederländer sein, der mutmaßlich eine größere und zentrale Rolle im Fußball-Wettskandal einnimmt. Die dem Magazin vorliegenden Akten der Bochumer Staatsanwaltschaft sollen zeigen, dass »Paul« engen Kontakt mit vielen der im Prozess Beschuldigten hatte und zu den Strippenziehern gehörte. Die Unterlagen sollen zudem nahelegen, dass der Niederländer für zahlreiche mutmaßliche Spielmanipulatoren hohe Wetten in Asien platzierte, die von deutschen Wettanbietern nicht gehalten worden wären. dpa
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!