Neustart am Ende eines zähen Ringens

Bremer LINKE setzt vor der Bürgerschaftswahl auf weitgehend ausgetauschtes Spitzenpersonal

  • Andreas Holling
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Kritik an der rot-grünen Landesregierung, einem Hauch Revolutionsrhetorik und endloser Geduld bestimmten die LINKEN am Sonnabend ihre Kandidaten für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 22. Mai. Ein personeller Neuanfang soll den Wiedereinzug ins Parlament gewährleisten.
Kristina Vogt und Klaus-Rainer Rupp
Kristina Vogt und Klaus-Rainer Rupp

In einem fast 17-stündigen Beratungsmarathon entschieden sich die rund 180 Delegierten der Bremer LINKEN für eine gegenüber der letzten Wahl weitgehend ausgetauschte Kandidatenliste – und die Spitzenkandidatin Kristina Vogt. Vor vier Jahren schaffte der Landesverband die Sensation: Mit 8,4 Prozent der Stimmen zogen sieben Abgeordnete erstmals in ein westdeutsches Landesparlament ein. Inzwischen hat sich an der Weser jedoch Ernüchterung breit gemacht. Streitigkeiten innerhalb der Fraktion sowie mit der Parteiführung im 580 Mitglieder starken Landesverband sorgten für Ärger, eine Abgeordnete kehrte den Genossen sogar den Rücken und wechselte samt Mandat zur SPD.

Die Konsequenzen folgten am Sonnabend: Nur noch zwei Parlamentarier werden den angestrebten Wiedereinzug auf einem aussichtsreichen Listenplatz erleben: der Haushaltsexperte Klaus-Rainer Rupp und der Bildungspolitiker Jost Beilken. Sie wurden von den Delegierten auf die zweite und vierte Position gesetzt.

Dabei war auch ihre Aufstellung bei weitem keine Selbstverständlichkeit. So musste sich Klaus-Rainer Rupp gleich gegen zwei Mitbewerber durchsetzen. Unter ihnen der bisherige Fraktionsvorsitzende Peter Erlanson. Ihn jedoch straften die Delegierten mit nur 46 von 180 Stimmen deutlich ab – nicht einmal ausreichend für die Stichwahlrunde. Erlanson scheiterte in der Folge auch am Platz vier, landete letztlich auf Rang 12 und besitzt damit nur noch geringe Aussichten auf einen Platz in der Bürgerschaft.

Noch schlimmer erging es zuvor bereits Inga Nitz. Als einzige Frau der bisherigen Fraktion wollte sie nach vier Jahren im Parlament erneut kandidieren. Doch weder für den ersten noch für den dritten Platz reichte die Unterstützung der Mitgliedschaft. So verfehlte die Arbeitsmarktpolitikerin im Ringen um den Spitzenplatz die Stichwahl und ging bei der Bewerbung um Platz drei mit 50 zu 121 Stimmen gegen Claudia Bernhard regelrecht unter. Danach verzichtete das frühere Bundesvorstandsmitglied auf weitere Kandidaturen.

Den Wiedereinzug in die Bürgerschaft soll nun die 45-jährige Kristina Vogt sichern. Mit einer Stimme Mehrheit wählten die Genossen das Landesvorstandsmitglied an die Spitze der Liste. Zu ihren politischen Schwerpunkten zählt nach eigenem Bekunden vor allem das Aufenthaltsrecht von Migranten. So sei es zu rechtswidrigen Abschiebungen gekommen, und die rot-grüne Landesregierung habe das Problem der immer wieder verlängerten Duldungen von Flüchtlingen trotz anders lautender Zusagen nicht gelöst. Daher freue sie sich schon auf einen Schlagabtausch mit SPD-Innensenator Ulrich Mäurer, betonte Vogt.

In ihrer Wahl sieht die Angestellte ein »positives Zeichen« für einen Neuanfang der belasteten Beziehungen zwischen Partei und Fraktion. Die Auseinandersetzungen der Vergangenheit seien vor allem durch die Schwierigkeiten des Zusammenwachsens der Partei entstanden. Man müsse in Sachen Kooperation und Abstimmung noch »ein bisschen lernen«, erklärte auch Klaus-Rainer Rupp und nannte das Verhältnis von Partei und Fraktion »nicht unkompliziert«. Der Landesregierung warf er »vorauseilenden Gehorsam« in der Sparpolitik vor. Es brauche »Systemkritik am Kapitalismus« sowie »gerechte Steuern und mehr Transparenz in der Haushaltspolitik«. Trotz guter Themen werde es schwer, gegen »den Erfolg von Rot-Grün« anzukämpfen, so Rupp.

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