Sägen für kleinen Zuschlag in der Lohntüte

Aktionen vor Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst / Lehrer wollen auch Ost-West-Angleichung

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.
Am 4. Februar beginnen die Tarifgespräche für den öffentlichen Dienst der Länder. Zuvor erklären Lehrer, Polizisten und Steuerbeamte diese Woche den Bürgern, warum sie mehr Lohn fordern – wenn auch nicht viel.

»Ist das hier eine Demo?«, fragen zwei mit Taschen bepackte Damen in der Einkaufsmeile von Dresden besorgt. Am Stand des Deutschen Beamtenbunds (dbb) beruhigt man sie: Hier wird nichts demonstriert außer Entschlossenheit. Ansonsten wollen die Frauen und Männer in den grellbunten Streikwesten nur reden: »Wir wollen die Bürger ins Boot holen und um Verständnis für unsere Lohnforderungen werben«, sagt dbb-Sprecher Jan Brenner.

Obwohl in Dresdens Innenstadt später noch ein überdimensionaler Rotstift zersägt wurde, war die Aktion nur eine Art Vorgeplänkel. Am 4. Februar beginnen in Potsdam die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder. Diese Woche wollen die Gewerkschaften darauf einstimmen – ihre Mitglieder und die Öffentlichkeit. Bei einer Aktionswoche sollen die unterschiedlichen Berufsgruppen erklären, wie wichtig ihre jeweilige Arbeit ist – und warum diese besser bezahlt werden soll. Die Mitarbeiter von Krankenhäusern und Straßenmeistereien machten seit Montag in Düsseldorf und Hannover den Anfang; die Lehrer und Hochschulbeschäftigten waren gestern in Dresden und Flensburg an der Reihe; heute und am Freitag folgen in Dortmund und Mannheim noch Steuerbeamte und Polizisten.

Für Maßlosigkeit werden sich die Gewerkschafter bei den Aktionen kaum rechtfertigen müssen. Ver.di und dbb Tarifunion gehen mit der Forderung nach einem Zuschlag von 50 Euro sowie einem Plus von drei Prozent in die Gespräche. Das sei eine »relativ moderate Forderung«, sagt Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer; sie sei »angebracht und dem wirtschaftlichen Aufschwung adäquat«. Die Mäßigung der Wünsche sei zwar bei den Mitgliedern nicht unumstritten, ergänzt Steffen Pabst, Vorsitzender des Philologenverbands in Sachsen. Sie solle aber als Zeichen der Vernunft verstanden werden.

Ob die Länder-Arbeitgeber, die in Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) einen ausgebufften Verhandlungsführer haben, die ausgestreckte Hand annehmen, ist offen. Falls nicht, sei man kampfentschlossen, so Böhm; es würden »mit Sicherheit Aktionen stattfinden«, um angemessene Gehälter durchzusetzen.

Noch mehr Grund dazu als ihre Kollegen im Westen haben dabei die Lehrer in den Ost-Ländern. Sie erhalten vielfach noch immer weniger Geld, sagt Jens Weichelt, der Chef des Lehrerverbandes in Sachsen. Zwar sind die Entgelte offiziell angeglichen. Viele Lehrer im Osten würden aber eine oder gar mehrere Stufen tiefer eingruppiert, wodurch sie für gleiche Arbeit bis zu 300 Euro monatlich weniger verdienten. Neben Mecklenburg-Vorpommern sei Sachsen besonders betroffen, was für Berufsanfänger abschreckend wirke. Zugleich gingen bis 2020 rund 15 000 der 33 500 Lehrer in den Ruhestand. Verbessere sich die Bezahlung nicht, so Weichelt, »wird Lehrermangel ein sehr akutes Problem«.

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