Dolmetschen für ratlose Patienten
Dresdener Studenten übersetzen Ärzte-Jargon
Dresden (dpa/ND). »Rhinitis allergica, Nasenmuschelhypoplasie bds., Septumdeviation nach links.« »Was hab' ich?«, fragt sich mancher Patient nach der Diagnose. Den Fachjargon der Ärzte versteht der Laie kaum, und zum Nachfragen der Details ist oft keine Zeit oder kein Mut da. Zurück zu Hause, dann fallen ihm Fragen ein, und der Patient ist ratlos angesichts eines Befundes in einer unverständlichen Fremdsprache.
Das Portal »Was hab' ich?« will Abhilfe schaffen und mit einer kostenlosen »Übersetzung« von Befunden und Diagnosen Patienten wie Ärzte unterstützen. Das sieht dann so aus: »Allergischer Schnupfen, Verkleinerung der Nasenmuscheln auf beiden Seiten, Verschiebung der Nasenscheidewand nach links.«
Bedenken aus der Kammer
Seit Mitte Januar ist das studentische Portal online. Es wurde von zwei Dresdner Medizinstudenten gegründet, inzwischen arbeitet ein siebenköpfiges Beraterteam ehrenamtlich mit. Mitinitiatorin Anja Kersten sagt: »Freunde und Bekannte haben mich oft gefragt, ob ich ihren Befund erklären kann. Das geht ganz vielen Leuten so, aber sie haben oft niemanden, den sie mal schnell fragen können.« Sie ist 27 Jahre alt und steht anderthalb Jahre vor Abschluss ihres Studiums.
Petra Albrecht, Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesärztekammer und Meißner Amtsärztin, hat sich die Seite angeschaut: »Die Studenten haben sich wirklich viele Gedanken gemacht, das finde ich gut.« Die Ärztin gibt dennoch zu Bedenken: »Aber eigentlich ist das persönliche Gespräch beim Arzt sehr viel wichtiger. Jeder Patient ist anders, Pauschalisierungen sind fehl am Platz.«
Vertiefen die Studenten die Kluft zwischen Arzt und Patient? »Nein«, sagt Ulrike Kanitz, eine junge Ärztin, die das Portal unterstützt. »Es hilft vielmehr engagierten Patienten, sich vor oder nach dem Arztgespräch zu informieren, was im Befund steht.« Mit radiologischen Befunden würden Patienten zum Beispiel bis zum nächsten Termin oft alleingelassen. »Wenn der Arzt eine Diagnose stellt, muss der Patient das oft erst verarbeiten, viele unmittelbare Informationen nimmt er gar nicht auf.«
Wissen um die Grenzen
Gegenüber den konventionellen Gesundheitsportalen und Patientenforen antworten im Studentenportal zukünftige Ärzte, frühestens im 7. Semester, zudem anonym und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. »Der Patient lädt einfach sein Dokument hoch und schickt es an uns. Innerhalb von 24 Stunden bekommt er eine Antwort«, erklärt Gründer Johannes Bittner. »Daten werden nicht erhoben, nur das Geburtsjahr wollen wir wissen.«
Petra Albrecht bleibt skeptisch: »Die Studenten können einen Fall nicht differenziert genug betrachten, und der Patient ist überfordert, die Informationen richtig zu deuten. Im schlechtesten Fall werden falsche Erwartungen oder Befürchtungen geweckt.«
Gerade für komplexe und emotionale Fälle wie Krebsdiagnosen oder Nachuntersuchungen haben sich die Studenten Ulrike Kanitz ins Team geholt. Trotzdem fehlt ihnen Praxiserfahrung, das sagen sie selbst. »Wir wissen, wo unsere Grenzen sind. Therapie und Arztgespräch können wir nicht ersetzen«, sagt Anja Kersten.
Das Internetportal hat die Adresse www.washabich.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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