IG Metall will Auszubildende absichern
Befristungen nach der Ausbildung sollen Schwerpunkt in Tarifverhandlungen werden
Der Aufschwung wird vor allem in den Bilanzen der Unternehmen sichtbar, sichere Arbeitsplätze dagegen schafft er nicht. Gestern stellte die IG Metall Baden-Württemberg in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart ihre Vorstellungen für die Gespräche mit Südwestmetall vor.
Bezirksleiter Jörg Hofmann kritisierte vor allem die starke Zunahme der Leiharbeit und kündigte an, Qualifizierungsmöglichkeiten weiterhin tarifvertraglich festhalten zu wollen. Das Argument der Arbeitgeber, neue Leute nicht fest anzustellen, um flexibel auf die Marktentwicklung reagieren zu können, will Hofmann nicht gelten lassen. Die Tarifverträge mit der IG Metall gäben genügend Spielräume, um Auftragsschwankungen aufzufangen. So hätten sich die tariflichen Regelungen zur Beschäftigungssicherung und Qualifizierung während der Wirtschaftskrise außerordentlich bewährt. Demnach können beispielsweise ausgelernte Jungfacharbeiter eine weitere Ausbildung anhängen und später wieder in die Firma zurückkehren.
Der entsprechende Tarifvertrag läuft im Sommer nächsten Jahres aus. In einem neuen Tarifvertrag gehe es ihm um die Absicherung der jungen Leute. Eine Befragung der IG Metall Baden-Württemberg von Betriebsräten in 900 Betrieben habe ergeben, dass fast drei Viertel der Betriebe ihre Azubis nur noch befristet übernimmt.
Auch bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze bleiben die Arbeitgeber sehr vorsichtig. Auf dem Höhepunkt der Konjunktur 2008 waren in Baden-Württemberg 781 000 Menschen in der Metall- und Elektroindustrie beschäftigt. Der Tiefpunkt war im Sommer 2010 mit 712 800 Beschäftigten, inzwischen liegt die Branche bei 724 000. Hofmann: »Der Beschäftigungsaufbau beschränkt sich leider auf 11 200 Arbeitsplätze. Mehr als die Hälfte dieser Jobs sind befristet, also Zeit-, Werk- oder Leiharbeitsverträge.«
Besonders ärgert den Bezirksvorsitzenden, dass die Leiharbeit im Südwesten boomt. »Aktuell dürften wir bei etwa 100 000 Leiharbeitern sein, das sind mehr als in der Hochkonjunktur 2008.« Zwar würde es in vielen Betrieben Vereinbarungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat geben, die die Anzahl der Leiharbeiter beschränken oder deren Bezahlung verbessern. Hofmann hofft, dass der bundesweite Aktionstag am 24. Februar gegen Leiharbeit den politischen Druck erhöht, Leiharbeit einzuschränken. »Wir rechnen mit sichtbarer Beteiligung der Belegschaften.«
Der Lohn ist in diesem Jahr kein Thema in der Metallindustrie, der geltende Tarifvertrag läuft noch bis Ende März 2012. Mitten in der Krise hatten Gewerkschaft und Arbeitgeberlager verabredet, dass Mitte diesen Jahres 2,7 Prozent mehr gezahlt werden. Je nach Geschäftslage kann diese Erhöhung vorgezogen werden. 30 Prozent der Betriebe haben das bereits getan, meist Großkonzerne. Dass in vielen Unternehmen das Geschäft wieder hervorragend läuft, zeigt, dass fast die Hälfte der Betriebe ihren Mitarbeitern eine Sonderzahlung gewährt. Hofmann: »Daran ärgert mich, dass es dafür keine tariflichen Rahmenbedingungen gibt. So ist das letztlich Geldverteilen nach Gutsherrenart.«
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