- Kommentare
- kommentiert
Privatrisiko
Seit Jahrzehnten überlässt die Politik Millionen von pflegenden Angehörigen ihrem Schicksal. Der größte Teil von ihnen bekommt gar keine Leistungen aus der Pflegeversicherung. Es wird ganz einfach vorausgesetzt, dass Töchter ihre Mütter pflegen, Frauen ihre Männer und ja, auch Männer ihre Frauen. Doch in der Regel ist Pflege weiblich, nicht nur in Heimen oder bei Pflegediensten. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass sich die Gesellschaft hier schlicht anmaßt, auf eine private Leistung zurückzugreifen, die im Grunde genauso eine Relevanz hat wie die Betreuung der Kinder. Allerdings ist sie bei Weitem nicht so anerkannt und traditionell hinter verschlossenen Türen angesiedelt.
Wenn die Politik plötzlich die pflegenden Angehörigen entdeckt, nachdem sich Vereine wie die Alzheimer Angehörigen Initiative, die Alzheimergesellschaft oder andere Organisationen seit 15 Jahren vergeblich um mehr Aufmerksamkeit für dieses Problem bemühten, sollte man sich freuen. Das gelingt allerdings schwer, denn die Finanzierung all dieser vollkommen berechtigten Forderungen nach bezahltem Urlaub für Pflegende oder umfangreicheren Leistungen für Betroffene steht in den Sternen. Klar ist nur eines, die vernünftige Idee einer solidarischen Pflegeversicherung, die Arbeitgeber und Privatversicherte mit einbezieht, ist vom Tisch. Alten- und Krankenpflege betrachtet die Gesellschaft nicht als ihr Ding. Das ist Privatrisiko und wird ganz sicher auch so zu bezahlen sein.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.