Mit Charme und Tradition
München 2018 will dem IOC Spiele mit Leidenschaft präsentieren
Die Damen und Herren des IOC waren tausende Kilometer entfernt in Südkorea, doch ihr Geist schwebte drei Wochen lang über den Weltmeisterschaften der Alpinen Skiläufer in Garmisch-Partenkirchen und denen der Bob- und Skeletonfahrer in Königssee. Die beiden Gemeinden am Alpenrand und München wollen sich mit Welttitelkämpfen nicht zufrieden geben – Olympia soll her. Und dafür durfte nichts schiefgehen, denn am Montag kommen die Evaluatoren des IOC. Bilder von lachenden Sportlern und jubelnden Fans passen da gut in die Präsentation.
»Ich habe mich sehr angestrengt, irgendetwas zu finden, das ich kritisieren könnte, aber ich habe einfach nichts gefunden«, sagte Gian-Franco Kasper zum Abschluss der WM in Garmisch. Der Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS) ist als Mitglied des IOC auch stimmberechtigt im Juni in Durban, wenn der Ausrichter der Winterspiele 2018 gewählt wird. »Tadellose Organisation, hervorragendes Wetter, gute Pistenverhältnisse und ein ausgezeichnetes, faires Publikum«, fuhr Kasper fort. Solch ein Urteil bekämen die Münchener gern auch am Ende vom IOC. Zuvor hatte Kasper die WM noch als Pokerspiel bezeichnet: »Wenn etwas schiefgeht, werden es weltweit alle erfahren.«
Die Angst ist den Organisatoren zunächst genommen. »Wir hatten nie Zweifel daran, dass Garmisch bereit ist für Olympia«, sagte FIS-Renndirektor Günter Hujara dem ND. »Jetzt müssen nur noch die Garmischer begreifen, dass so ein Großereignis keinem schadet«, sprach Hujara die Olympiagegner an. Die waren anderer Meinung und starteten pünktlich zum Besuch des IOC ein Bürgerbegehren gegen die Spiele im Ort.
Anders in Königssee. Hier scheinen sich die Bürger mit olympischen Rodel-, Bob- und Skeletonwettbewerben sehr gut anfreunden zu können. »Ich bewundere die Leute, wie entspannt sie das angehen. Sie ziehen an einem Strang«, freute sich die oberste Olympiabotschafterin Katharina Witt.
Wenn jemand die Spiele nach München holen kann, ist es die ehemalige Eiskunstläuferin. Der starken Konkurrenz aus Pyeongchang bewusst, spielen die Olympiamacher die Charmekarte. Man solle doch bitte Olympische Spiele mal wieder an einen Ort mit Sporttradition und Leidenschaft vergeben und nicht nur an schlummernde Marktpotenziale denken. Nur können IOC-Vizepräsident Thomas Bach oder der Geschäftsführer des Organisationskomitees, Bernhard Schwank, jene Leidenschaft nicht widerspiegeln. Das erledigt Witt. Sie ist das in aller Welt bekannte Gesicht, das Lächeln der Spiele. Daher wird sie den Evaluatoren nach dem obligatorischen Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff die acht schon existierenden Wettkampfstätten zeigen. Sieben kommen im Fall des Zuschlags noch hinzu, drei davon werden der Nachwelt erhalten. Insgesamt sollen die Spiele den Plänen zufolge etwa 2,9 Milliarden Euro kosten. 1,3 Milliarden davon aus dem Topf des IOC und der Sponsoren. Der Rest kommt vom Steuerzahler, hier fallen jedoch auch Infrastrukturmaßnahmen – etwa für Bahnstrecken – von 950 Millionen Euro an, die auch ohne die Spiele ausgegeben werden sollen.
»Bei diesen Weltmeisterschaften war zwar kaum ein IOC-Mitglied dabei, doch die Sportler und Betreuer haben gemerkt, dass alles perfekt organisiert ist, die Fans jeden Athleten anfeuern und dass sie sich hier wohlfühlen«, erläuterte Witt die Strategie. »Das müssen sie nur noch ihren Kollegen zu Hause erzählen.«
Und die Athleten fühlten sich wohl in Garmisch. »Die Veranstalter haben alles richtig gemacht. Sie hatten die Piste im Griff, und die Zuschauer sind fair«, hoffte der Österreicher Philipp Schörghofer auf den Zuschlag für München. Und auch der Schweizer Carlo Janka zeigte sich beeindruckt. Nur an den Zuschauern hatte er etwas auszusetzen. »Für uns waren hier eindeutig zu viele Österreicher.« Mit dieser Kritik werden die Olympiamacher leben können. Vielleicht besser als mit dem Urteil der IOC-Evaluatoren, das am 10. Mai veröffentlicht werden soll.
Was wird geprüft?
Die elfköpfige Kommission unter Leitung der Schwedin Gunilla Lindberg prüft die Informationen, die München in der Bewerbungsmappe angegeben hat. Sie untersucht, ob Pläne durchführbar erscheinen, und führt Risikoanalysen durch. Unter anderem geht es der Kommission um:
– die Unterstützung in der Bevölkerung
– die Nachhaltigkeit der Spiele
– Transport und Infrastruktur
– die Umweltverträglichkeit
– das Budget
– die Qualität der Sportstätten
– die Erfahrung mit Großereignissen
– das Sicherheitskonzept
– Unterkunftkapazitäten
– und Kulturprogramme
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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