Zu zweit im Busch

UN-Patrouille in Afrika

  • Hans-Georg Schleicher
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein Polizist aus Leipzig und ein Bundesgrenzschutzbeamter aus Ratzeburg gemeinsam auf Patrouille in Nordnamibia – das war im Oktober 1989 der »Allgemeinen Zeitung« in Windhoek schon eine Schlagzeile mit Bild wert. Das Foto erschien drei Wochen später auch im »Neuen Deutschland«, wo betont wurde, dass sich hier Deutsche – Bürger zweier souveräner Staaten – auf Friedensmission nicht gegen-, sondern miteinander unter UNO-Flagge befanden. Daniel Lange untersuchte den Einsatz von DDR-Polizeibeobachtern in Namibia 1989/90.

Bei einer der aufwendigsten UN-Missionen hatten die DDR und BRD in Namibia ihren ersten Blauhelm-Einsatz. Die DDR schickte 30 Polizeibeobachter, die Bundesrepublik 50 Mann vom Bundesgrenzschutz. Das insgesamt 1500 Mann starke UN-Polizeikontingent war entscheidend für die Verwirklichung des Unabhängigkeitsplans für Namibia. Es musste die südafrikanische Polizei und deren Hilfstruppen unter Kontrolle halten, latente Konflikte politischer Kontrahenten entschärfen und den friedlichen Ablauf der Wahlen sichern. Sichtbar wird die vielschichtige, oft schwer überschaubare Situation während des UN-Einsatzes.

Der Autor (Jg. 1980) hat in Archiven recherchiert und Zeitzeugen befragt. Dabei stieß er auf für ihn – und aus heutiger Sicht sicher für viele Leser – irritierende bürokratische und sicherheitspolitische Details, so bezüglich der Auswahl und Vorbereitung der Polizeibeobachter, die vor dem Hintergrund des Kalten Krieges (nicht nur in der DDR) so ungewöhnlich nicht waren. Gelungen ist das Bemühen Langes um eine komparative Behandlung der ost- und westdeutschen Polizeibeobachter trotz der schwierigen Archivlage – stehen doch viele westdeutsche Akten nach wie vor nicht zur Verfügung im Gegensatz zu jenen mit DDR-Provenienz. Lange versucht das Manko durch Interviews und Nutzung der Medien auszugleichen.

Der Autor schlussfolgert, dass es beim Einsatz der Polizeibeobachter aus der DDR und BRD keine deutsch-deutsche Konfrontation gab, weil alte Gegensätze des Ost-West-Konflikts mittlerweile aufweichten und zudem alle beteiligten Parteien das Ziel einigte, die Unabhängigkeit Namibias abzusichern. Gerade wegen dennoch weiter bestehender Vorbehalte auf beiden Seiten war der sachliche Umgang der deutschen Polizisten miteinander eindrucksvoll und für jene Zeit nicht notwendigerweise typisch. Bleibt zu ergänzen, dass ein Erinnerungstreffen ehemaliger Polizeibeobachter aus Ost und West zehn Jahre nach dem Namibia-Einsatz in Strausberg bei Berlin atmosphärisch diese Stimmung durchaus widergespiegelt hatten.

Daniel Lange: Auf deutsch-deutscher UN-Patrouille. Die polizeiliche Beobachtereinheit der DDR in Namibia (1989/90). Schkeuditzer Buchverlag. 176 S., br., 15 €. €

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.