Klebriges Eis kann Ireen Wüst nicht stoppen

Niederländerin gewinnt bei der Eisschnelllauf-WM in Inzell überraschend die Goldmedaille über 3000 Meter

  • Oliver Händler, Inzell
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Tschechin Martina Sablikova wollte die Weltmeisterschaft der Eisschnallläufer in Inzell zu ihrer WM machen, genauso wie Stephanie Beckert, genauso wie Claudia Pechstein. Schon nach dem Auftaktrennen ist das alles Geschichte. Den drei Ausdauerspezialistinnen schlug eine Niederländerin ein Schnippchen. Über 3000 Meter gewann Ireen Wüst vor Sablikova und Beckert. Claudia Pechstein landete nur auf Rang acht. Mit den zwei Paradestrecken von Wüst noch im Programm werden das wohl doch ihre Titelkämpfe.

Wüst lief wie immer ein beherztes Rennen, startete schnell und war lange auf Titelkurs, bis sie wie immer auf den letzten Runden stark nachließ. Doch einen Einbruch wie schon so oft in ihrer Karriere über die langen Distanzen konnte die von tausenden Landsleuten angefeuerte Doppelolympiasiegerin von 2006 und 2010 vermeiden. Über zwei Sekunden hatte sie 400 Meter vor Schluss noch vor Sablikova gelegen, eine halbe konnte sie retten. »Ich habe das hohe Anfangstempo schon gemerkt. Da war ich doch überrascht, dass Sablikova nicht schneller war«, sagte Wüst. Die 1500 Meter der Männer gewann Norwegens Havard Bökko.

Die Erfurterin Stephanie Beckert war erneut zu verhalten angegangen und musste sich am Ende mit Bronze zufrieden geben. »Ich bin wahnsinnig glücklich. Bronze ist super«, sagte Beckert: »Mir fehlten am Anfang die schnellen Runden, wie sie Wüst oder Sablikova laufen können«, beschrieb die 22-Jährige ihr altes Problem.

Die neue Halle in Inzell konnte zunächst nicht das halten, was sich die Eismacher von ihr erhofft hatten: schnelle Zeiten. Keine der Starterinnen unterbot auf 700 Metern Höhe den zehn Jahre alten Europarekord von Gunda Niemann-Stirnemann.

Claudia Pechstein gab sich nach dem Rennen nicht allzu enttäuscht, obwohl sie vor nur einer Woche in Heerenveen noch Vierte über die 3000 Meter geworden war. »Ich wollte schnell angehen, doch das Eis war sehr schwer. Vielleicht war es heute kein Vorteil, direkt nach der Eispause starten zu müssen. Das hat ganz schön geklebt«, suchte Pechstein nach einer Erklärung für den Abstand von über vier Sekunden auf die Medaillen.

»Grundsätzlich bin ich aber froh, überhaupt hier zu sein«, erinnerte die Berlinerin an ihr Blitzcomeback nach zweijähriger Dopingsperre. Nur viermal war die 39-Jährige im Weltcup gestartet, um sich für diese WM zu qualifizieren. Aufgrund fehlender Meldezeiten musste sie stets als Erste aufs Eis. So ließ sie es sich auch nicht nehmen, vor dem Auftaktrennen in Inzell als Erste auf ihre Einwärmrunden zu gehen, selbst wenn sie sich mittlerweile in die Mitte des Starterfeldes vorgearbeitet hat. Zufall sieht anders aus.

Pechstein wollte noch einmal ein Zeichen setzen, und clever war sie auch. Sie nutzte die zwölf Minuten Zeit nach der Eröffnungsfeier, bevor die erste Eispause alle Kontrahentinnen zum Warten zwang. Genützt hat es am Ende nichts.

Die 1500 Meter wird sie heute auslassen, auch wenn sie starten dürfte. »Ich freue mich sehr auf die 5000 Meter«, sagte Pechstein, die den Fokus eindeutig auf ihre Paradestrecke am Samstag legt. Auch für Sablikova und Beckert wird das wohl die letzte Goldchance. Ireen Wüst hingegen geht nach diesem starken Auftakt auch heute als große Favoritin ins Rennen.

Frauen 3000 m min
Gold: Wüst (Niederlande) 4:01,56
Silber: Sablikova (Tschechien) +0,51s
Bronze: Beckert (Erfurt) +2,72
4. Rookard (USA) +4,24
5. Ishino (Japan) +5,32
8. Pechstein (Berlin) +6,55
22. Bay (Dresden) +13,41

Männer 1500 m
Gold: Bökko (Norwegen) 1:45,04
Silber: Davis (USA) +0,05s
Bronze: Makowski (Kanada) +0,18
17. Lehmann (Erfurt) +2,69
26. Dallmann (Erfurt) +5,58

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