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Die Weinkönigin

Julia Klöckner soll Rheinland-Pfalz für die CDU zurückerobern

  • Lesedauer: 3 Min.
Die ehemalige Weinkönigin ist Spitzenkandidatin der CDU. An einen Wahlsieg Klöckners glauben nur wenige.

Nach 20 Jahren Opposition in ihrem einstigen Stammland möchte die rheinland-pfälzische CDU jetzt mit Julia Klöckner »König Kurt« Beck aus der Staatskanzlei verdrängen. Als die Winzerstochter vor anderthalb Jahren erstmals für die Spitzenkandidatur ins Gespräch kam, hielten manche ihren Siegeszug für nicht mehr aufzuhalten. Die einstige »Weinkönigin« galt als lächelnde joviale Wunderwaffe und Gegenpol zum in die Jahre gekommenen Platzhirsch Beck, der durch seinen missglückten Ausflug an die SPD-Spitze und allerlei Skandale im Land zudem angeschlagen war. Sie sollte die Landes-CDU wieder in glorreiche Zeiten zurückführen und an das Erbe der früheren Ministerpräsidenten Peter Altmeier, Helmut Kohl und Bernhard Vogel anknüpfen. Seit Ende der 1980er Jahre hatte sich die Landes-CDU als zerstrittener Haufen mit Intrigen, Cliquenwirtschaft und blassen Führungsfiguren dargeboten. Klöckner, seit 2002 Bundestagsabgeordnete und zeitweilig auch Parlamentarische Staatssekretärin unter Bundesagrarministerin Ilse Aigner, sollte sie alle aufheitern und aus dem Tal der Tränen führen.

Dass die Bäume der 38-jährigen Julia Klöckner mittlerweile nicht mehr in den Himmel wachsen, ist zu einem guten Teil der bundespolitischen Großwetterlage und dem Zustand der Landes-CDU geschuldet. So machte die CDU-Landtagsfraktion unlängst durch eine Veruntreuung von Fraktionsgeldern Schlagzeilen, was ihr eine Strafe von 1,2 Millionen Euro einbrachte. Dass der Parlamentarische Geschäftsführer gar Fraktionsgelder im Rotlichtmilieu verprasste, passt wie die Faust aufs Auge zu der demonstrativen öffentlichen Abscheu der Religionslehrerin Klöckner über die Verschwendung von Steuermillionen durch das System Beck etwa am Nürburgring.

Während Beck den überall präsenten, erfahrenen und gelassenen Landesvater gibt, der mit den Größen der Wirtschaft gut kann und den man gerade in schwerer See nicht von Bord gehen lassen dürfe, setzt Klöckner auf das Streben nach Machtwechsel. Sie gibt sich kess, jung, modern, angriffslustig, aggressiv und menschelnd und konzentriert sich in ihren Auftritten überwiegend auf das Anprangern von Skandalen der SPD-Alleinregierung, Parteienfilz und Vetternwirtschaft. Darunter leiden auch die konkreten Inhalte, die in ihren Worthülsen und Begriffen wie »Zukunft« zu kurz kommen.

Die meisten ihrer Aussagen bleiben zwangsläufig unverbindlich. So will sie etwa die vom Landtag auch mit den Stimmen der CDU beschlossene Schuldenbremse, also den Verzicht auf eine Neuverschuldung ab 2020, schon 2016 verwirklichen und »alles außer Bildung und Sicherheit auf den Prüfstand stellen«. Über die Folgen einer solchen Kahlschlagspolitik auch für die Finanzausstattung der Kommunen schweigt sie sich allerdings diplomatisch aus. Dass sie in alle Richtungen Wähler fischen und Everybody's Darling sein möchte, mag auch an der Zusammensetzung ihres Beraterteams liegen. Denn dort steht ihr das Attac-Mitglied Heiner Geißler ebenso zur Seite wie der rechtskonservative und dezidiert neoliberale Friedrich Merz.

Klöckner versucht ihren Trumpf als forsche Frau und Herausforderin auszuspielen und wirkt darin bisweilen aufgesetzt, nervös und verkrampft. Aus der Not heraus zeigt sie sich seit der Atomkatastrophe in Japan nun als Protagonistin des Atomausstiegs. Ob und inwieweit eine eher konservative Stammwählerschaft und insbesondere die Unentschiedenen und Wechselwähler ihr diesen Wendehals-Effekt abnehmen, ist in diesen Tagen die große Unbekannte. Ob sie in dem prognostizierten Kopf-an-Kopf-Rennen mit Becks SPD so weit Boden gut macht, dass es für einen Regierungswechsel reicht, muss sich zeigen.

So drückte Johannes Gerster, einer ihrer Vorvorgänger im CDU-Landesvorsitz und Ex-CDU-Spitzenkandidat des Jahres 1996, Zweifel an Klöckners Durchbruch aus. Gerster hatte in einer viel beachteten zentralen Wahlsondersendung des Regionalsenders SWR das letzte Wort. Statt der von Wahlkämpfern quer durch die Bank gewohnten und zur schau getragenen Siegeszuversicht und statt Durchhalteparolen prognostizierte Gerster eine Landtagsmehrheit für eine rot-grüne Landesregierung. Als Trost für seine Parteifreunde prophezeite er Rot-Grün in Mainz ein Ende noch vor Ablauf der nächsten Legislaturperiode.

Ein schwacher Trost für die ehemalige Weinkönigin.

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