Siege feiern will gelernt sein
3. Liga: Erfurt gewinnt das Thüringen-Derby in Jena und träumt von der Relegation
Dominick Drexler schwebte nach dem Abpfiff über dem Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld. Dem Sturmtalent des Drittligisten FC Rot-Weiß Erfurt wurde die Ehre zuteil, auf den Schultern seines Kapitäns Rudolf Zedi sitzen zu dürfen – direkt vor dem Block mit den vor Freude ausrastenden Rot-Weiß-Fans. Die 1000 mitgereisten Anhänger aus der Blumenstadt feierten nach dem 3:1 (1:0)-Erfolg beim Erzrivalen FC Carl Zeiss Jena vor allem den zweifachen Torschützen Drexler. »Ich kenne Derbys auch aus dem Rheinland. Aber in Thüringen ist das etwas ganz Besonderes«, sagte der im Sommer 2010 aus Leverkusen nach Erfurt gewechselte Angreifer. »Ich war sehr motiviert, lauerte vorn und wartete auf meine Chance.«
14 Minuten nach seiner Einwechslung traf er vor 10 992 Zuschauern in der 85. Minute zum vorentscheidenden 2:1 für die Gäste. 120 Sekunden später setzte er mit dem Treffer zum 3:1 sogar noch einen drauf. Das Feiern muss Drexler aber noch ein bisschen üben. Nachdem alle seine Mitspieler zur gemeinsamen Jubelarie mit den Fans den Zaun zum Gästeblock bestiegen hatten, wollte sich Drexler als einer der ersten Rot-Weißen auf den Weg in die Kabine machen. Doch die älteren Spieler um Spielführer Zedi und Torhüter Dirk Orlishausen ließen ihn nicht gehen. Erst nach einer wilden Tanzeinlage und etlichen Laolas hatte RWE den Derbysieg so richtig ausgekostet.
Nur eine Woche nach dem 3:1-Erfolg gegen Spitzenreiter Eintracht Braunschweig untermauerten die Erfurter damit ihre Ambitionen im Kampf um Rang drei, der am Saisonende zur Teilnahme an den Relegationsspielen gegen den Drittletzten der 2. Bundesliga berechtigt. Punktgleich mit Dynamo Dresden (beide 48), das Rot-Weiss Ahlen mit 3:0 bezwang, liegt Erfurt in der Tabelle nur noch einen Zähler hinter dem seit Wochen schwächelnden Tabellendritten Kickers Offenbach. »Es ist nicht entscheidend, ob man im Derby gut spielt oder schlecht. Es ist entscheidend, ob man den Sieg einfährt«, meinte der Erfurter Trainer Stefan Emmerling zufrieden.
Den Jenaern schmeckte die Niederlage natürlich überhaupt nicht. Zumal der zuletzt oft überforderte Schiedsrichter Babak Rafati aus Hannover seine Bundesligatauglichkeit nicht nachweisen konnte. Beim Stand von 1:1 war Jena drauf und dran, die Partie für sich zu entscheiden. Der eingewechselte Martin Ullmann hatte mit dem verdienten Tor zum 1:1 (59.) die schwächere erste Hälfte vergessen gemacht. Zudem sah sich Ullmann, dessen Vater Peter pikanterweise Mannschaftsarzt beim FC Rot-Weiß ist, kurz darauf elfmeterreif gefoult. Doch der Pfiff blieb aus.
Noch schlimmer für die weiter in leichter Abstiegsgefahr schwebenden Jenaer war jedoch, dass Rafatis Assistent vor dem 1:2 eine Abseitsstellung übersah. »Es ist eine katastrophale Geschichte, wenn so ein Spiel durch den Schiedsrichter entschieden wird«, ärgerte sich Jenas Trainer Wolfgang Frank »Die sind noch lächelnd vom Platz gegangen, statt sich zu entschuldigen.« Er räumte aber auch ein, dass sich seine Elf durch die Gelb-Rote Karte für Orlando Smeekes kurz nach dem 0:1 durch Rudolf Zedi (31.) und eine ungenügende Chancenverwertung die Niederlage selbst zuzuschreiben hatte.
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