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Unseriös, unsolide, unfähig

Verfassungsschutz: NPD verliert an Boden / Scheitern in Sachsen-Anhalt kein Grund zur Entwarnung

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Scheitern der NPD bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt ist auch für Brandenburg kein Grund zur Entwarnung. »Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen«, konstatierte gestern Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidentin Winfriede Schreiber. Zwar sei etwas anderes zu befürchten gewesen, doch das Ergebnis auch erklärbar. Die NPD sei unseriös, unsolide, unfähig. Ihre Führung tendiere immer stärker zur NS-Verherrlichung.

Von 340 kommunalen Mandaten der NPD sind 265 in Ostdeutschland besetzt, sie ist also faktisch eine Ostpartei geworden, so Schreiber. Aber auch in Ostdeutschland habe diese Partei »nichts zu bieten«. Dennoch entdecke sie immer wieder Themen für sich, welche Menschen beschäftigen, unter anderem den Autoklau.

Die Fusion mit der brandenburgischen DVU, die bei der vergangenen Landtagswahl nach zehn Jahren aus dem Parlament geflogen war, habe nicht funktioniert, die DVU aber ruiniert, schätzte Schreiber ein. Nur 40 märkische Mitglieder hätten sich zum Parteiwechsel bereitgefunden, so dass die NPD jetzt landesweit 370 Mitglieder zähle.

Das Problem verlagere sich zunehmend auf die schwerer zu beobachtenden »freien Gruppen«, bei denen es inhaltlich oft keinen Bezug zu den Themen der Gegenwart mehr gibt und selbsternannte »Helden« oder »Krieger« einen einsamen Kampf für ihre »Ideale« führen. Solche unmittelbar auf Hitlers NSDAP als Vorbild fixierten Leute würden selbst die auf den Parlamentarismus orientierte NPD als »Systempartei« ablehnen. Denn gebe es die rechtsextremen Familienväter und Bauunternehmer, die ihre Ansichten nicht geändert hätten, sie würden in Angler- und Jägervereine oder, »wenn man nicht aufpasst«, in Elternvertretungen drängen.

Inzwischen profiliert sich der Rechtsextremismus als Kinderschreck. Lokale rechte Gruppen haben Karnevalszüge »geentert« oder bei Kinderpartys in Spremberg und Schlepzig in Halloween-Kostümen Radau gemacht. »Dabei ging es ihnen darum, in Skeletten und als Sensenmann das ›Sterben des deutschen Volkes‹ sinnfällig zu machen«, sagte die Verfassungsschutzchefin. Von Wirkung im Sinne einer Überzeugungsvermittlung könne keine Rede sein, die Hoffnung auf einen »Aufstand des Volkes« werde sich so nicht erfüllen.

Schon in der Vergangenheit haben sich örtliche rechtsextreme Gruppen Modelle der »Spaßguerilla« abgeschaut, die elitär auftritt und mittels »Abenteuerlichkeit« attraktiv sein will. Das seien meist keine Schlägertypen im engeren Sinne und ihre Beteiligung an Straftaten sei eher taktisch motiviert, so die Verfassungsschützerin. Sie rechnet damit, dass nach der Wahlniederlage der NPD der Schwerpunkt noch stärker auf der dezentralen Wühltätigkeit liegen wird.

Dirk Wilking vom Aktionsbündnis »Tolerantes Brandenburg« sagte, dass NPD-Wahlerfolge nur dort zu befürchten seien, wo keine oder nur eine etablierte Partei antritt. In Brandenburg sind allerdings nur noch zwischen ein und zwei Prozent der erwachsenden Bevölkerung parteipolitisch gebunden. Das treffe auf »Wohnkomplexe« etwa in Frankfurt (Oder) zu, wo es kaum noch Mitglieder von Parteien gebe, warnte Wilking. In immer größeren Regionen können die Parteien keine Kandidaten mehr benennen, weil es keine Mitglieder gibt.

Erfreulich hingegen: Inzwischen sei ein Klimawechsel in Brandenburg zu beobachten. Während das Bündnis »Tolerantes Brandenburg« noch vor fünf Jahren den Problemen und Themen hinterherforschen musste, würden inzwischen Bürgermeister selbst anrufen. »Hier ist es nicht mehr möglich, dass ein Bürgermeister wissentlich den Vertreter der NPD auf die Bühne bittet, um ihn seine Propaganda darlegen zu lassen«, ist sich Verfassungsschützerin Schreiber sicher.

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