Abreißen, neu bauen, sparen

Studie: Jedes zehnte Wohnhaus in Deutschland ist nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Abriss und Neubau statt Sanierung – das rentiert sich in Deutschland bei mehr als jedem zehnten Wohnhaus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Mittwoch von der Kampagne »Impulse für den Wohnungsbau« in Berin vorgestellt wurde.

Der Bestand der Wohnhäuser in Deutschland ist in besserem Zustand als oft vermutet. Zu diesem Ergebnis kommt die bundesweite Studie der Kieler »Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen« (ARGE), die Auskunft über die Bausubstanz von rund 36,2 Millionen Wohnungen in Ein-, Zwei- und kleineren Mehrfamilienhäusern gibt. 17 Prozent der Wohnungen, die bis Ende der 1970er Jahre gebaut wurden, sind demnach bereits weitgehend energetisch saniert, lediglich in vier Prozent der alten Wohngebäude hat es bislang keine Anstrengungen in dieser Hinsicht gegeben.

Dies klingt zunächst positiv. Die Kampagne »Impulse für den Wohnungsbau«, in der sich Verbände der Bauwirtschaft, die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und der Deutsche Mieterbund zusammengeschlossen haben, geht jedoch davon aus, dass sich nur bei einem Teil der Gebäude weitere Investitionen in Sanierung finanziell lohnen. »Weitere Energieeffizienz-Maßnahmen sind dadurch mit weitaus höherem Aufwand verbunden, der sich nicht allein aus der Energiekosten-Einsparung refinanzieren lässt«, erläuterte der Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Walter Rasch. Bei rund 175 000 Wohngebäuden rechnen sich nach der Studie Abriss und Neubau mehr.

Die Bunderegierung setzt als Teil ihrer Energiesparpläne stark auf eine Gebäudesanierungsoffensive. Trotzdem seien die staatlichen Fördergelder, die über die KfW-Bank vergeben werden, zuletzt immer weiter heruntergefahren worden, kritisierte IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel. Von zwei Milliarden im Jahr 2009 sei für das laufende Jahr noch eine Milliarde geblieben. Für 2012 sehe die Planung »gleich Null« vor. Mit Blick auf die aktuelle Atomdebatte verwies der Gewerkschafter darauf, dass der Strompreis künftig nur dann nicht steige, wenn 25 Prozent Energie eingespart würden. Wiesehügel forderte die Bundesregierung daher auf, ihr Programm für Gebäudesanierungen oder Ersatzneubauten wieder aufzustocken. Zudem müssten die steuerlichen Anreize für Investitionen verbessert werden.

Als weitere zentrale Herausforderung sieht die Kampagne künftig eine stärkere Umstellung auf altersgerechtes Wohnen. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes, Hans-Hartwig Loewenstein, hält auch hier Neubau oft für die kostengünstigere Alternative. Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, seien oft starke Eingriffe in die Bausubstanz nötig – etwa wenn Fahrstühle eingebaut oder ganze Wohnungsgrundrisse verändert werden müssen. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, müsse jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Als Folge des demographischen Wandels werde die Zahl der über 70-Jährigen bis 2025 auf über zehn Millionen steigen, sagte Klaus Wiesehügel in Vertretung für den Direktor des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, der an der Vorstellung der Studie nicht teilnehmen konnte. Rund 20 Prozent dieser Senioren, insgesamt zwei Millionen, werden auf barrierefreien Wohnraum angewiesen sein. Bislang trügen bundesweit jedoch nur 500 000 Wohnungen dieses Prädikat, so Wiesehügel. Jährlich müssten weitere 100 000 Wohnungen dazukommen.

Der IG-BAU-Chef sieht klare Vorteile einer entsprechenden Wende in der Wohnungsbaupolitik. Viele Ältere könnten in den eigenen barrierefreien Wänden länger zu Hause leben, erklärte er. Die nötigen Umbaumaßnahmen schlügen immer noch weitaus billiger zu Buche als die alternative Unterbringung in einem Pflegeheim.

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