Fußfesseln statt Stadionverbote

Krawalle polnischer Fans beim Länderspiel in Litauen belasten den Gastgeber der EM 2012

  • Ralph Durry, SID
  • Lesedauer: 2 Min.

EM-Gastgeber Polen ist aufgrund schwerer Ausschreitungen von Hooligans im litauischen Kaunas unter Druck geraten. 200 Randalierer aus Polen hatten am Freitag nach dem 0:2 ihrer Mannschaft im Länderspiel in Litauen für schwere Krawalle gesorgt. Erst ein Großaufgebot der Polizei konnte die Ausschreitungen unterbinden. In Kaunas wurden gut 14 Monate vor dem Auftakt der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine zwölf polnische Rowdies inhaftiert, ein litauischer Polizist musste ins Krankenhaus gebracht werden. Die Krawalle von Kaunas werfen nun auch wieder Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen im EM-Gastgeberland auf.

Die Randalierer hatten in den Straßen rund ums Stadion Sicherheitskräfte mit Feuerwerkskörpern, Steinen und Flaschen attackiert. Laut der litauischen Nachrichtenagentur Delfi setzte die Polizei Hunde und Tränengas ein. Es entwickelten sich Straßenschlachten zwischen den Ordnungskräften und den Krawallmachern. Die Attacken nach Ende des Spiels wurden offenbar durch die erste Niederlage Polens seit fünf Jahren gegen Litauen ausgelöst. Für die Gastgeber hatten Saulius Mikolinuas (18.) und Edgaras Cesnauskis (29.) getroffen. Litauen erwartet in der EM-Qualifikation am Dienstag Titelverteidiger Spanien. Polen bestreitet am gleichen Tag einen weiteren Test gegen Griechenland.

Vor der EM wappnet sich die polnische Polizei unter anderem mit elektronischen Fußfesseln gegen die befürchteten Krawalle. So soll die bisherige Praxis ersetzt werden, bei der Personen mit Stadionverboten sich an Spieltagen bei der Polizei melden müssen. »Mit den Fesseln können wir überprüfen, ob die betreffenden Fans wirklich zu Hause sind«, sagte Justizminister Krzysztof Kwiatkowski. Das Gesetz muss allerdings noch vom polnischen Parlament abgesegnet werden. Derzeit haben in Polen 1850 Fans ein landesweites Stadionverbot.

Es ist nicht das erste Mal, dass polnische Rowdies bei internationalen Spielen negativ auffielen. Heftige Krawallen gab es vor zwei Jahren beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Nordirland und Polen. Dabei wurden auch elf Polizeibeamte verletzt. Im Oktober 2008 waren sieben Polizisten und mehrere polnische Hooligans bei Ausschreitungen am Rande des WM-Qualifikationsspiels zwischen der Slowakei und Polen in Bratislava verletzt worden. Auch in der polnischen Liga gibt es immer wieder Meldungen über schwere Krawalle.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!