Privatbahnen blieben im Bahnhof
Lokführer bestreikten private Konkurrenten der Deutschen Bahn
Berlin (dpa/ND). Um 2.30 Uhr standen die ersten Züge still. Der für 24 Stunden von der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) ausgerufene Arbeitskampf betraf in erster Linie Norddeutschland. Bestreikt wurden die sechs Unternehmen Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn sowie deren Tochtergesellschaften. Nicht gestreikt wurde im Fernverkehr und bei der Deutschen Bahn – der Konzern verhandelt wieder mit den Lokführern. Zu den laufenden Verhandlungen mit der Deutschen Bahn äußerte sich der GDL-Vorsitzende Claus Wesels- ky zuversichtlich. Er rechne damit, dass es innerhalb der kommenden 14 Tage ein Ergebnis geben könne. Die Konkurrenten der Bahn hatten dagegen seit der letzten Streikwelle keine neue Gesprächsbereitschaft signalisiert.
»Bundesweit befinden sich mehr als 150 Lokführer aus 26 Unternehmen im Ausstand«, sagte Weselsky am Morgen in Leipzig. Später gab die Gewerkschaft bekannt, »drei Viertel der Züge der bestreikten Unternehmen sind heute Morgen ausgefallen«. Zum kompletten Stillstand kam es nach Gewerkschaftsangaben bei der Vogtlandbahn. Eine erste Bilanz fiel denn auch positiv aus: »Wir sind mit der Streikbeteiligung sehr zufrieden«, erklärte Weselsky. Die GDL werde weiter für gleiche Löhne und soziale Absicherungen kämpfen: »Wir werden nicht akzeptieren, dass die Einzelunternehmen der G6 keine verhandelbaren Angebote zu inhaltsgleichen Rahmentarifverträgen und keine substanziellen Angebote für Einkommenserhöhungen in den Haustarifverträgen vorlegen, um die Streiks zu beenden.« Wer glaube, das Thema aussitzen zu können, verkenne die Entschlossenheit der Lokomotivführer. Auch der stellvertretende GDL-Bundesvorsitzende Norbert Quitter sprach von einer sehr guten Beteiligung: »Die Kollegen sind wirklich sauer.«
Die GDL will einheitliche Standards für alle Lokführer durchsetzen. »Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit«, sagte der Vorsitzende der GDL Berlin-Sachsen-Brandenburg, Frank Nachtigall. Auch sollen Lokführer bei einer vom Dienst verursachten Berufsunfähigkeit Fürsorge erhalten – »zum Beispiel nach traumatischen Ereignissen«.
Im Norden müssen Fahrgäste der Bahnunternehmen AKN, Metronom und der Nord-Ostsee-Bahn den ganzen Montag über mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Bei der AKN im südlichen Schleswig-Holstein seien alle drei Linien betroffen: »Tausende Pendler, darunter Berufstätige, Schüler und Studenten sind betroffen«, sagte ein AKN-Sprecher. Auch bei der Nord-Ostsee-Bahn wurden mehrere Strecken bestreikt.
In Hessen war unter anderem die Hessische Landesbahn (HLB) mit Strecken im Bereich Limburg und im Rhein-Main-Gebiet betroffen. Auch Züge der Verkehrsgesellschaften Vectus und Cantus fuhren nicht. Zugausfälle gab es auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin. Wenig betroffen waren am frühen Morgen Pendler und Reisende in Bayern. In Baden-Württemberg standen viele Züge der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) im Raum Karlsruhe still – bis zu 80 Prozent der Stadtbahnlinien fiel aus. Zunächst keine Auswirkungen hatte der Streik nach GDL-Angaben im Saarland und in Rheinland-Pfalz.
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