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Ist das schon der Klimawandel?

Studie belegt: So warm wie im Sommer 2010 war es in Europa seit 500 Jahren nicht

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun haben wir es schwarz auf weiß: Der vergangene Sommer bescherte Europa einen neuen Hitzerekord. Noch nie in den letzten 500 Jahren seien die Temperaturen im Juli und August so stark von den Normalwerten abgewichen wie im Jahr 2010, berichtet ein internationales Forscherteam im US-Fachjournal »Science«. Und auch wenn es viele Menschen hierzulande anders empfunden haben dürften: Der Sommer 2010 war insgesamt gesehen noch etwas wärmer als der »Jahrhundertsommer« des Jahres 2003.

Die gemessenen Sommertemperaturen lagen 2010 örtlich zwischen 6,7 und 13,3 Grad Celsius über den Durchschnittswerten. Selbst auf den ansonsten eher kühlen ostfriesischen Inseln kletterte das Quecksilber auf über 30 Grad Celsius. In mehreren deutschen ICE-Zügen versagte die Klimaanlage und zahlreiche Menschen erlitten in überheizten Waggons einen Kreislaufkollaps.

Besonders angespannt war die Situation jedoch in Osteuropa. Allein in Russland starben mehr als 55 000 Menschen an den Folgen der extremen Hitze. In Moskau wurden tagsüber Temperaturen von knapp 40 Grad Celsius gemessen. Und auch in den Nächten kühlte es vergleichsweise wenig ab. Auf Grund der Trockenheit kam es zu verheerenden Bränden, die eine Fläche von einer Million Hektar und fast 25 Prozent der Ernte vernichteten. Der geschätzte Schaden beläuft sich auf rund 15 Milliarden US-Dollar.

Sowohl für die Hitzewelle des letzten Jahres als auch für jene des Sommers 2003 machen Meteorologen eine sogenannte Omega-Wetterlage verantwortlich. Hierbei handelt es sich kurz gesagt um ein stabiles und ausgedehntes Hochdruckgebiet, das westlich und östlich von Tiefdruckgebieten begrenzt wird.

Zur Verschärfung der Omega-Situation im Sommer 2010 trug aber auch bei, dass anfangs zu wenig Regen fiel und der Boden dadurch weithin austrocknete. »Zwar sind solche lang andauernden Hochdrucklagen im Sommer selten, aber sie kommen immer wieder vor«, erklärt der an der »Science«-Studie beteiligte Gießener Geografieprofessor Jürg Luterbacher, der zugleich davor warnt, aus meteorologischen Einzelereignissen vorschnell auf den Klimawandel zu schließen. Aber, so der Forscher weiter: »Dass diese zwei Rekordsommer und drei weitere sehr heiße Sommer in den letzten zehn Jahren stattfanden, ist bemerkenswert, und die Häufung dieser Phänomene stimmt uns nachdenklich.«

Luterbacher und seine Kollegen blieben hierbei aber nicht stehen. Sie versuchten überdies herauszufinden, wie wahrscheinlich es ist, dass solche extremen Wetterereignisse auch in Zukunft gehäuft vorkommen. Mit Hilfe von elf hoch aufgelösten Klimamodellen entwarfen sie regionale Szenarien für die Zeiträume von 2020 bis 2049 sowie von 2070 bis 2099.

Danach ist es eher unwahrscheinlich, dass eine Hitzewelle wie im Sommer 2010 in den nächsten Jahren erneut auftritt. Aber spätestens gegen Ende des 21. Jahrhunderts dürften sich extreme Hitzesommer im Schnitt alle acht Jahre wiederholen und dabei intensiver ausfallen und länger andauern als heute.

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