Viel zu tun im Verkehrskorridor A
Bahnindustrie beklagt Probleme trotz Rekordumsatz
Die Bahntechnikbranche in Deutschland hat 2010 einen Umsatzrekord von 10,9 Milliarden Euro erreicht. Trotz der noch anhaltenden Krise wuchsen die Erlöse um 4,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2009. Den Hauptanteil steuerte der Export bei. Alarmiert zeigt sich jedoch die Branche angesichts der erheblich zurückgegangen Bestellung von Infrastrukturausrüstungen.
Dass die »Erfolgsstory« des Regionalverkehrs fortgesetzt werde, hofft der Verband der Bahnindustrie (VDB). Dessen Präsident Klaus Bauer sowie Hauptgeschäftsführer Ronald Pörner wussten auf der Jahrespressekonferenz am Dienstag in Berlin aber auch auf einige Probleme hinzuweisen. An erster Stelle brennt die immer komplizierter und langwieriger werdende Zulassung neuer Fahrzeuge unter den Nägeln. Ob auch eigene Versäumnisse dazu beitragen, wenn das Eisenbahn-Bundesamt fertige Fahrzeuge nicht für den öffentlichen Verkehr freigibt, und dass die enttäuschten Bahnunternehmen 2009 rund 50 Millionen Euro und 2010 sogar 500 Millionen Euro Schadenersatz verlangen, wurde nur ansatzweise thematisiert. Genauso die Fragen zur Qualität, zu denen es hieß: »Wir sind im Dialog.« Tunlichst vermied es Bauer, den Verbandunternehmen und dem wichtigsten Besteller, der Deutschen Bahn, Versäumnisse zuzuweisen. Mit dem Bundesverkehrsministerium sei man auf gutem Weg, die längst überfälligen gesetzlichen Vorschriften der Zulassung zu reformieren, vielleicht noch in diesem Halbjahr. Die gelten aber nur in Deutschland. Deshalb wünscht sich Bauer, dass »die vielen europäischen Regelungen und Vorschriften sinnvoll und effizient kanalisiert werden«.
Gewiss mit Blick auf erhoffte Auftragseingänge wies Geschäftsführer Pörner auf den Investitionsbedarf und die zu geringe Finanzierung der Eisenbahnanlagen hin, wovon besonders die Hersteller von Stellwerken betroffen seien. Ein Teil der Stellwerke müsste erneuert werden, hier fehlen 250 Millionen Euro. Die 2,5 Milliarden Steuermittel, die der Bund der Bahn überweist, und deren Eigenmittel reichen nicht einmal für die Erneuerung und Sanierung der Strecken und Brücken. Auch den nichtbundeseigenen Eisenbahnen fehlen jährlich 150 Millionen Euro für die Erneuerung der Anlagen. Pörner: »Obwohl die Problematik im Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, hat sich nach unserer Kenntnis noch nichts Entscheidendes getan.«
Auch hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung zu Ausrüstung und Finanzierung des »Verkehrskorridors A« mit dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS gefällt. Nach einem Beschluss der Europäischen Union soll die Verbindung Rotterdam-Emmerich-Basel-Genua bis 2015 mit ETCS ausgerüstet sein. Hier gebe es, wenn die Politik grünes Licht gibt, viel zu tun für die deutsche Bahnindustrie ...
Den Fernverkehr mit Autobussen, den die Regierungskoalition erleichtern will, lehnt die Bahnindustrie nicht ab. »Es muss aber unbedingt sichergestellt werden, dass gleiche Bedingungen für Bahnen und Busse gelten«, erklärte Pörner. Er kritisierte aber, dass für jeden auf der Schiene gefahrenen Kilometer ein Trassenpreis anfällt, während der Bus keinen Euro an Autobahn-Maut bezahlen soll. »Diese Ungleichbehandlung sollte im Gesetzgebungsverfahren möglichst aufgehoben werden.«
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