Zu Besuch in Hailes Welt

Der Marathon-Weltrekordler zwischen Geschäft und dem Olympiaziel 2012

  • Klaus Weidt, Addis Abeba
  • Lesedauer: 3 Min.

Haile Gebrselassie zu treffen, kann ein Glücksspiel sein. Der Terminkalender des Marathon-Weltrekordlers ist so eng gestrickt, dass seine Mitarbeiter angewiesen sind, ihm den Rücken für Training und Geschäftsangelegenheiten frei zu halten. An diesem Tag nimmt sich Haile etwas Zeit und wartet wie verabredet im »La’ Parisian«, einem Café, das er für einen seiner Brüder in seiner Heimatstadt einrichten ließ.

Für alle Geschwister und den Vater hat Haile Gebrselassie längst mit seinen Preisgeldern gesorgt. Das in Addis vielleicht beliebteste Restaurant wurde in sein Geschäftshochhaus eingeordnet, im Volksmund »Alem-Building« genannt. Alem ist seine Ehefrau, die mit ihm die Geschäfte der Firma »Haile & Alem International« führt. Fast nach jedem Training lässt der Marathonstar den Fahrstuhl links liegen und rennt zu seinem Büro in den achten Stock.

Hailes »anderes« Leben als Geschäftsmann läuft gut. »Manchmal ist es schon Stress, doch nach 30 Minuten Lauf ist der verflogen.« Er ist stolz, inzwischen etwa 650 Leuten Arbeit zu geben, eine größere Anzahl Häuser und mehrere Schulen gebaut zu haben, dazu ein Hotel in Hawassa, südlich von Addis Abeba, von dem er gerade zurückgekehrt ist. Dieses »Haile Resort«, mit 112 Zimmern, Fitnesscenter und zwei Swimmingpools direkt an einem See gelegen, wurde im Vorjahr mit einem Halbmarathon eingeweiht.

Die Eröffnung fand sogar internationale Beachtung und viele Bekannte kamen. Mary Wittenberg, die Renndirektorin des New York City Marathons, rannte die sieben Kilometer des Jedermannlaufs mit, wurde Dritte und überzeugte Haile, bei ihrem Marathon zu starten. Das desaströse Resultat ist bekannt. Heftige Kniebeschwerden ließen ihn aussteigen und bei der Pressekonferenz einen Rücktritt erklären.

Nur eine Woche danach dann aber der »Rücktritt vom Rücktritt«. Haile gibt zu, dass es eine Kurzschlussreaktion war – frustriert und unüberlegt. »Als ich die Reaktion meiner Landsleute erlebte, widerrief ich.« In der »Kaffee-Stadt« Nekemte, wo er ein Stadion einweihte, war er sichtlich gerührt, als die Leute immer wieder »Welcome back, our hero!« riefen und den zurückgekehrten Helden mit »Go, Haile, go!« anfeuerten. Da beschloss er bis Olympia 2012 weiterzumachen. »Laufen werde ich sowieso ein Leben lang, und mit 39 Jahren bin ich noch nicht zu alt«.

Auch er, der Weltrekordmann, muss sich im eigenen Lande aber seine Olympiafahrkarte nach London noch erkämpfen. So steuert Haile erst einmal den Halbmarathon von Wien am 17. April an, um die Form zu testen – ein Tag vor seinem 38. Geburtstag. Die für die Qualifikation notwendige Marathonzeit will er später laufen. »Zum Beispiel in Dubai im Januar 2012«, meint er. Die superflache Strecke kenne er gut. Und Berlin? »Ja, dort möchte ich vorher zum fünften Mal laufen«, strahlt er übers ganze Gesicht. Berlin sei nach Addis Abeba seine Lieblingsstadt und mit Marathon-Renndirektor Mark Milde wolle er in Wien erste Gespräche über einen Start führen. Über den schon traditionell vor jedem Berlin-Start überreichten Berliner Bären als Glücksbringer freut sich Haile Gebrselassie besonders: »Der hat ja eine Krone auf. Dann werde ich also König.«

Der Autor hat mittlerweile die Zweitauflage seines Buches »Haile Gebrselassie. Auf den Spuren einer Lauflegende.«, Meyer & Meyer, 16,95 Euro, veröffentlicht.

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