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Netzwelt im Alltag angekommen?
Markus Beckedahl über den Blogger-Kongress re:publica in Berlin / Der 34-Jährige wurde bekannt durch den Blog netzpolitik.org und veranstaltet seit 2007 die re:publica
ND: Drei Tage lang trifft sich in Berlin bei Ihrem Kongress die Netzwelt – was sind Höhepunkte des Programms?
Beckedahl: Highlights sind verschiedene Blogger aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum, die berichten werden, welche Auswirkungen soziale Medien auf die dortigen Revolutionen hatten. Gleichzeitig wollen wir thematisieren, wie wir uns als Gesellschaft von zentralisierenden und monopolisierenden Infrastrukturen wie Facebook abhängig machen, wie dort ein privatisierter öffentlicher Raum entsteht und welche Gegenstrategien wir als Gesellschaft wählen sollten.
Waren die sogenannten Facebook-Revolutionen solche oder wird die Rolle der sozialen Medien überbewertet?
Ja und nein. Die Auslöser waren soziale Probleme in den Ländern. Es waren junge Menschen, die unzufrieden mit der sozialen Situation waren und die Proteste starteten. Diesen Menschen hat es geholfen, dass sie sich über soziale Medien vernetzt haben und dort ihren Protest effektiver machen konnten und gleichzeitig eine Weltöffentlichkeit herstellten.
Viele Staaten versuchen Proteste zu unterbinden, indem das Internet abgeschaltet wird. Wie viel Sinn haben solche Maßnahmen?
Das Internet abzuschalten, macht wenig Sinn, wie wir in Ägypten gesehen haben. Daraufhin sind mehr Menschen auf die Straße gegangen, die vorher vielleicht im Netz miteinander kommuniziert hätten. Aber ganz klar, immer mehr Staaten, und nicht nur solche mit repressiven Regimes, versuchen, das Internet unter Kontrolle zu bringen und bauen Netzzensur-Infrastrukturen auf. Ähnlich wie damals in der DDR finden Menschen jedoch immer wieder Wege, zu kommunizieren, auch wenn es teilweise sehr gefährlich ist.
Manche Staaten wählen einen anderen Weg der Zensur und bieten lediglich eingeschränkten Zugang zum Internet – mit Erfolg?
China hat den Weg gewählt, westliche Unternehmen teilweise aus dem Netz herauszufiltern, wenn diese nicht mit der Regierung und den Sicherheitsbehörden kooperieren, sowie eigene Angebote aufzubauen, die in Konkurrenz und vor allen Dingen kontrolliert durch die Regierung, funktionieren. Bei einem Großteil der Bevölkerung hat diese Methode leider Erfolg.
Die re:publica wächst von Jahr zu Jahr – wie viele Menschen treffen sich heuer in Berlin?
Wir erwarten dieses Jahr über 3000 Teilnehmer. Wenn wir so weiter wachsen, dann kommen im Jahr 2020 mehr als 100 000 Menschen zur re:publica.
Was bietet das Kongressprogramm, gibt es persönliche Favoriten?
Wir haben über 170 Einzelveranstaltungen, die reichen von politischen Themen über Meinungsfreiheit bis hin zu der Frage »Wie verändert sich Kultur, wie verändert sich Kommunikation?« Mein Ziel ist es, die Vielfalt des Netzes in einer Konferenz abzubilden, so dass jeder eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen findet und sich nicht nur zu einem Thema informieren kann.
In den vergangenen fünf Jahren ist das Internet in der Mitte der Gesellschaft angekommen – sieht man das auch beim Publikum?
Die Teilnehmer sind nicht mehr alle unter 30, weiß, männlich und betreiben ihre eigenen Blogs – die Vielfalt der Gesellschaft spiegelt sich auch immer mehr auf der re:publica.
Fragen: Christoph Nitz
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