Liebeserklärung an alte Darsteller
In Schloss Blankensee entstanden Szenen für »Bis zum Horizont, dann links«
70 Jahre alt ist die Schauspielerin Angelica Domröse jetzt. Sie verbrachte den runden Geburtstag am 4. April in der Berliner Schlüterstraße. Dort stand sie für Bernd Böhlichs Komödie »Bis zum Horizont, dann links« vor der Kamera. »Kann es ein schöneres Geschenk für eine Schauspielerin mit der zarten und mädchenhaften Ausstrahlung einer Audrey Hepburn geben?«, fragt der Regisseur. »Es ist eine Sünde, dass Angelica seit Jahren keine angemessenen Rollen im deutschen Film mehr angeboten werden.«
Gedreht wurde am 4. April die erste Einstellung des Films, in dem Margarete Simon, gespielt von der Domröse, ins Altersheim muss. Die attraktive Frau erobert dort die Herzen der Senioren. Der von Otto Sander gespielte Eckehardt Tiedjen, der schon mit dem Leben abgeschlossen hatte und sich im Heim langweilt, verliebt sich bis über beide Ohren in sie. Seine Verehrung will er mit einem Coup beweisen. Während eines Rundflugs stiftet er die Mitbewohner an, die Maschine ans Meer umzulenken. Als Kopilot betätigt sich Robert Stadlober. Der Darsteller half den Kollegen nicht nur beim Einsteigen ins Flugzeug, wenn die Kamera lief. Er reichte ihnen auch beim Aussteigen die helfende Hand.
Im märkischen Schloss Blankensee entstand der größte Teil des Films. Die Zimmer hatte Produzentin Eva Martens extra einrichten lassen. Im großen Saal wurde getanzt. Neben Sander und Domröse sind hier viele Gesichter zu sehen, die jahrelang von Leinwand und Bildschirm nicht wegzudenken waren. Er wisse nicht, wie viel er über seine Rolle verraten dürfe, sagt Herbert Köfer. Er verkörpere einen ehemaligen Offizier, dessen Kenntnisse beim Aufruhr nützlich seien. Der 90-jährige Köfer sagte sofort zu, den Offizier zu spielen. »Meine Frau und ich haben Böhlichs ›Du bis nicht allein‹ schon dreimal gesehen und werden das nochmals tun«, verrät er. »Man sieht, dass die Schauspieler von ihm gut und behutsam geführt werden, daher begibt man sich gerne in seine Hände.«
Marion van de Kamp, die mit 81 Jahren Abschied vom Theater nahm, agiert als ehemalige Schauspielerin, die nur noch in ihrer Vergangenheit lebt. »Es ist ein großes Glück, wieder zu spielen«, kommentiert sie die Zusammenarbeit mit Angelica Domröse, mit der sie jahrelang gemeinsam an der Berliner Volksbühne engagiert war.
»Der Film ist meine Liebeserklärung an ältere Schauspieler«, bekennt Böhlich, der vor sieben Jahren die Idee für den Stoff hatte. »Als meine Großeltern in Rente gingen, hatten sie nur wenige Lebensjahre vor sich. Heute liegt vor den Rentnern noch eine gewaltige Wegstrecke, sie sind voller Lebenslust und Sehnsüchte. Wie sich das anfühlt, hat mich interessiert.« Beim Schreiben hatte er neben der Domröse vor allem Otto Sander vor Augen. »Ich habe Bernd zunächst gesagt, das ist zu viel Text, da muss ich zu viel lernen. Er hat dies beherzigt«, erzählt Sander, der noch von den Folgen eines Schlaganfalls gezeichnet ist.
Auf ihr betagtes Ensemble nehmen Produzentin und Regisseur Rücksicht. Die Mittagspause war ausgedehnter, die tägliche Arbeitszeit nicht so lang wie sonst üblich. Trotzdem musste Böhlich in 27 Tagen fertig sein, denn das Budget ist mit zwei Millionen Euro knapp bemessen.
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