Länder noch nicht im Netz

Bundeswirtschaftsminister will bundesweit einheitliche Stromtrassen-Planung

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 4 Min.
Über die Gestaltung der Energiewende ringt auch der Bundeswirtschaftsminister mit seinen Länderkollegen. Er will die Genehmigungsverfahren beim Netzausbau vereinheitlichen.

Nachdem die Debatte um die Energiewende in den letzten Wochen mehr in den Medien als in politischen Gremien geführt wurde, reagierte die Bundesregierung mit Einladungen zu gemeinsamen Gesprächen nach Berlin. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Fraktions- und Parteivorsitzenden im Kanzleramt diskutierte, lud Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) die Ressortchefs der Länder ein, um über Kraftwerke, Speichertechnologien und vor allem über den Netzausbau zu sprechen.

Die Vorschläge und Forderungen zum Ausbau des Stromnetzes überschlugen sich in den vergangenen Tagen. Einigkeit scheint zumindest darüber zu bestehen, dass neue Leitungen her müssen, um die großen Strommengen der noch zu bauenden Windparks an den Küsten der nördlichen Bundesländer in den Süden der Republik zu bringen. Einer Studie der halbstaatlichen Deutschen Energieagentur (Dena) zufolge müssten 3600 Kilometer Hochspannungsleitungen neu gebaut werden. Doch in welchem Umfang über- oder unterirdisch verkabelt werden soll, zu welchem Preis und unter wessen Zuständigkeit – darüber streiten die Beteiligten.

Anlass dafür gaben Brüderles Planungen im neuen Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG), das zusammen mit der Novelle des Atomgesetzes am 9. Juni in den Bundestag eingebracht und noch vor der Sommerpause vom Parlament verabschiedet werden soll. Ein Eckpunktepapier für das NABEG, das Brüderles Ministerium Ende März vorlegte, sieht die Einführung eines bundesweit einheitlichen Genehmigungsverfahrens für den Leitungsbau vor, um den »Flickenteppich« abzuschaffen und Bürokratie abzubauen. Die Bundesnetzagentur soll mit den Ländern einen »Bundesnetzplan« für Stromtrassen abstimmen. Auch die Beteiligung der Bürger werde gewährleistet, heißt es in dem Papier. Für Gemeinden sollen bei Beeinträchtigungen finanzielle Ausgleiche geschaffen werden. In einer »Informationsoffensive« der Bundesregierung zusammen mit den Netzbetreibern und Umweltverbänden werde die Transparenz des Netzausbaus gefördert.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, begrüßte den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministers, die Genehmigungsverfahren für neue Stromtrassen in seinem Hause zu konzentrieren. »Die behauptete Nähe der Länder zu den Kommunen und zu den Betroffenen sehe ich zumindest gelegentlich als fragwürdig bis zweischneidig an«, wird Kurth im »Handelsblatt« zitiert. Die Gegenposition machte etwa die niedersächsische Landesregierung bereits in der vergangenen Woche deutlich. Die Länder verfügten über bessere Kenntnisse der Situation vor Ort und könnten Konflikte eher lösen, äußerte der Landesumweltminister Heinrich Sander (FDP). Es sei lediglich denkbar, dass der Bund die Grobplanung für den Bau der Stromtrassen übernehme, während den Ländern die Feinplanung vorbehalten bliebe.

Unterdessen wird weiter geprüft, ob das Stromnetz der Deutschen Bahn für den Stromtransport innerhalb Deutschlands genutzt werden kann. Als Problem sieht das Bundesverkehrsministerium, dass das Hochspannungsnetz des Konzerns ein Verteilernetz und damit nicht darauf ausgelegt sei, große Strommengen über weite Entfernungen auszugleichen. Zudem gebe es Spannungs- und Frequenzunterschiede zwischen dem öffentlichen und dem Bahn-Netz. Skepsis bestehe auch darüber, ob die Deutsche Bahn mit der Stromdurchleitung in einem weiteren Geschäftsfeld tätig werden soll.


CDU-Konzept für die Energiewende

»Den Ausbau der Erneuerbaren Energien wollen wir beschleunigen und so alles dafür tun, die Brücke der Kernkraft schneller hinter uns lassen zu können. (...) Energie darf kein Luxusgut für Wenige werden. (...) Deshalb kann es keinen sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie geben, der unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit die Grundlage für soziale Sicherheit gefährden würde«. (...)

Erneuerbare Energien: »Der Weg dorthin darf nicht zu einem Subventionswettlauf werden.« Die Förderung dürfe nur »der Anschubfinanzierung dienen.«

Moderne Kraftwerke: Insbesondere Gaskraftwerke seien »für eine stabile Energieversorgung weiterhin erforderlich, um die schwankende Verfügbarkeit der Erneuerbaren Energien auszugleichen«.

Energiespeicher: Eine Schlüsselrolle bekommt die Erforschung von Speichertechnologien, darunter »Druckluftspeicher, Wasserstoffspeicher und aus Wasserstoff hergestelltes Methan sowie Batterien für Elektrofahrzeuge«.

Zustimmung: Wo möglich, sollen neue Stromtrassen mit bestehenden Bahn- und Straßentrassen gebündelt werden.

Energieeffizienz: »Große Reserven liegen vor allem im Gebäudebereich. Wir wollen dort Wärme- und Stromverluste vermindern.«

Endlager: Die Suche nach einem Konsens in der Entsorgungsfrage »schließt nach unserer Auffassung die ergebnisoffene Weitererkundung von Gorleben ebenso ein, wie ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer Eignungskriterien und möglicher alternativer Entsorgungsoptionen«.

Wachstum und Wohlstand: »Wir wollen, dass der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien zu einer neuen ›Gründerzeit‹ für unser Land wird.« dpa/ND

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.