Zuwanderung für den Wohlstand
»Konsensgruppe« nimmt inhaltliche Arbeit auf
Berlin (ND-Stötzel). Wer eine Arbeitsgruppe »Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung« nennt, will ohne Zweifel die Bedeutung des Gremiums betonen. Einen wachsenden Fachkräftemangel bestreitet in Unternehmen und Politik ohnehin kaum mehr jemand. Und der 12-köpfigen Gruppe gehören schließlich namhafte Vertreter der Bundestagsparteien mit Ausnahme der LINKEN an, die angeblich »unabhängig von parteipolitischen Vorgaben mehrheitsfähige Lösungen erarbeiten können«. Da auch je ein Vertreter der Unternehmerverbände und der Gewerkschaften mit dabei ist, spricht der Vorsitzende Armin Laschet (CDU) von einer »Chance auf gesellschaftlichen Konsens« wie es sie nicht oft gebe.
Die Suche nach dem Konsens begann im April allerdings mit einem Streit: Nachdem die Vorsitzenden Laschet und Peter Struck (SPD) ohne Wissen der Gruppe vor die Presse getreten waren, sah Franz Müntefering (SPD) keine Hoffnung mehr, »da noch einen nützlichen Beitrag leisten zu können«, und schied aus.
»Wir müssen die Potenziale im eigenen Lande besser nutzen«, sagte Laschet gestern. Gleichzeitig müsse man jedoch das Thema Zuwanderung angehen, nicht erst »wenn der letzte deutsche Arbeitslose auf dem Amt das Licht ausgemacht hat«. So zitierte Laschet den Migrationsforscher Klaus J. Bade, der auch zur gestrigen Sitzung im Hotel Ritz Carlton eingeladen war. Die Zuwanderung könne die Konsensgruppe, anders als aktive Politiker, »mit kräftigen Händen« anpacken, sagte Struck.
Mitte Oktober will die von den Wirtschaftsstiftungen Mercator, Freudenberg, Körber und Vodafone Deutschland initiierte Arbeitsgruppe ihren Abschlussbericht vorlegen. Welche Ideen es gibt, die Attraktivität des deutschen Arbeitsmarktes für die Wunschkandidaten aus dem Ausland – jüngere Hochqualifizierte – zu erhöhen, wurde noch nicht verraten. Laschet deutete an, dass es dabei auch auf die »weichen Faktoren« ankomme – Stichwort »Willkommenskultur«.
Erklärtes Ziel der Gruppe ist »eine mittelfristige Wohlstandssicherung durch gesteuerte Zuwanderung, von der alle Gesellschaftsschichten in Deutschland profitieren«. Wer nicht viel Geld in der Tasche hat, sollte dennoch nicht allzu viel Hoffnung in die Konsensgruppe setzen. Die schlichte Rechnung, dass mehr Arbeitskräfte mehr Wirtschaftswachstum und damit auch mehr Wohlstand für alle bedeuten, geht nicht auf.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.