Es surrt nur und stinkt nicht mehr
Klingt nach Zukunftsmusik: Berlin will den Verkehr auf Elektroantrieb umrüsten
San Francisco, Schanghai, Paris hießen die vormaligen Stationen der Technologieschau »Michelin Challenge Bibendum« – jetzt machte die Messe erstmals in Berlin halt und präsentierte bis gestern die neuesten Entwicklungen der Elektromobilität. Roland Püttmann-Holgado von der Tempelhof Projekt Gesellschaft freute sich darüber, dass der ehemalige Flughafen als »historisches Symbol für Mobilität« zu einem »Ort der Innovation« werde.
Was die Besucher in Tempelhof sahen, war möglicherweise zukunftsweisend: Derzeit fahren zwar auf deutschen Straßen gerade einmal 2000 Elektroautos; aber die Branche wähnt sich im Aufbruch: Geht es nach der Bundesregierung, dann sollen es in neun Jahren eine Million sein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Elektromobilität als Wachstumsmarkt entdeckt und will die Entwicklung von serienreifen Modellen in den kommenden Jahren mit rund einer Milliarde Euro unterstützen. Elektroautos, die bis 2015 gekauft werden, sollen zudem zehn Jahre von der KFZ-Steuer befreit sein.
E-Mobilität soll salonfähig werden, und Berlin will in dieser Entwicklung nicht hintenanstehen. Vor einem Jahr wurde die Berliner Agentur für Elektromobilität (eMO) gegründet. Deren Leiter Gernot Lobenberg zog auf der Ausstellung hocherfreut eine erste Bilanz: »In der Hauptstadtregion wird im Bereich E-Mobilität mehr getestet und erprobt als in jeder anderen deutschen Stadt.« Aktuell gebe es rund ein Dutzend Projektvorhaben mit einem Gesamtvolumen von über 80 Millionen Euro. Lobenberg wähnt sich mit seiner Agentur als Pionier jener Technologie.
eMO will den Umbau Berlins von einer Industriestadt zur Hauptstadt der »Green Economy« aktiv mitgestalten. Bis 2020 sollen auch auf den Berliner Straßen 100 000 Elektromobile fahren. Dass die surrenden Wagen in der Stadt ihren Siegeszug antreten, daran hat Lobenberg keinen Zweifel: Er setzt auf das Design und die Popularität der futuristischen Elektrogefährte. Die Vorteile lägen auf der Hand: Sie seien leise und haben keine stinkenden Auspuffe wie die Verbrennungsmotoren.
Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) wähnt Lobenberg auf seiner Seite. E-Mobilität werfe eine Reihe von Themen der Forschung und Entwicklung auf, sagte er vor einigen Wochen auf einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK). »Hierzu gehören Fragen der Antriebstechnologie ebenso wie der Energie- und Speichertechnik, die Verbesserung der Leistungselektronik, aber auch der Informations- und Kommunikationstechnologie.«
Wie Elektromobilität in die Stadt eingebunden werden kann, das zeigt das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ): Im Juni soll das Pilotprojekt »be mobility« starten. »Mit einer Monatskarte für 78 Euro können Nutzer nicht nur am öffentlichen Nahverkehr teilnehmen, sondern auch das E-Carsharing und den E-Bike-Verleih nutzen«, erklärt Jürgen Peters, Geschäftsführer von InnoZ. Der Haken an dem verlockenden Angebot: Die Anzahl an Monatskarten ist auf 1000 Stück limitiert, und der Carsharing-Fuhrpark umfasst gerade einmal 45 Autos. Noch steckt die Elektromobilität in Berlin in den Kinderschuhen.
Doch die Technologieschau vermittelte grenzenlose Zuversicht. Alles drehte sich dort um eine »saubere Fortbewegung«. Die Prospekte der Hersteller auf der Ausstellung waren durchweg in den Farben Weiß – für die Reinheit, Grün – für die Natur, und Blau – für den Himmel gehalten. Bei aller Emissionslosigkeit von Elektroautos ging in Tempelhof beinahe unter, dass der Strom aus der Steckdose auch gewonnen werden muss. Natürlich »tanken sie den aktuellen Kraftwerkmix«, stellte kürzlich Wolfgang Lohbeck, Verkehrsexperte bei Greenpeace, klar. »Dabei wird natürlich auch viel CO2 emittiert.«
Info: www.bemobility.de
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