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Musik mit Bart

Die US-amerikanische Band »Fleet Foxes« präsentiert neues Album in Berlin

  • Michael Saager
  • Lesedauer: 3 Min.
Ihre Musik klingt wie ein warmes Hippie-Wohlfühlbad: Fleet Foxes aus Seattle
Ihre Musik klingt wie ein warmes Hippie-Wohlfühlbad: Fleet Foxes aus Seattle

Es geht um Geld und Erfolg. Immer. Man kann einer Band daher keinen allzu dicken Strick daraus drehen, wenn sie Gratis-Songs zum Download für ihre Fans ins Netz stellt, bevor das Album draußen ist. Obwohl klar sein dürfte, dass Vorab-Gratis-Songs eben genau das nicht sind: Geschenke für die Fans. Es sind Verkaufsargumente, Lockstoffe für das, was kommen wird. Es sind Zusatzargumente für einen veritablen Hype.

Der Hype? Ist gerade wieder da, wo die Fleet Foxes sind, also dort, wo er vor drei Jahren schon einmal Pressewellen schlagen ließ, als das Debüt »Fleet Foxes« erschienen war. Das Sextett aus Seattle hat offensichtlich nur allerbeste Freunde. Man möchte sich die Betten jener Wiedergänger der 60er-Jahre randvoll mit fanatisch-verzückten Liebhabern vorstellen, die ihnen leidenschaftlich um die Bärte kraulen. Die »Süddeutsche Zeitung« nennt die jungen Männer mit den hübschen hellen Stimmen und den interessanten Instrumenten »Amerikas beste Band«. Zu hören sind beispielsweise Flöten, Klangschalen aus Tibet, Kontrabass, Moog-Synthesizer, Bassklarinette, Lap-Steel-Gitarre, Pauke oder Zither.

Wären die Fleet Foxes weniger berühmt, wenn sie keine Bärte hätten? Vielleicht. Der richtig coole Folk-Hippie-Hipster trägt indessen nicht mehr nur Vollbart, sondern auch eine formschöne Designeraxt zum karierten Flanellhemd. Soll aber bislang eher so ein New-York-Ding sein.

Den Titelsong des zweiten Fleet-Foxes-Albums »Helplessness Blues« gab es für lau. Und wenn man drauf steht: auf butterblümchenzarte Hippie-Choräle aus Mönchsknabenkehlen, man die schwebende Opulenz sommerlich kreiselnden Barocks gesundheitlich verträgt und Texte schätzt, in denen empfindsame Seelen quasi barfuß durch einen Dornenhain der Sehnsucht wandeln und von dort weiter nach oben, Richtung Erlösung, allumfassender und Erkenntnis und Liebe geschickt werden, dann hat man seine Wahl im Grunde schon getroffen. Es ist kein Zufall, dass ältere Semester viel auf die wohlgestalteten Songs der Fleet Foxes geben. Und Menschen, die schon mal frech behaupten, seit den Beatles und Bob Dylan sei im Grunde keine ordentliche Musik mehr gemacht worden, haben ja in aller Regel auch ein Faible für die Beach Boys, Byrds, Crosby, Stills and Nash und Simon & Garfunkel. Und verflucht – das sind ja auch alles tolle Bands, deren raffiniertes Können kein musikalischer Verstand leichtfertig in Zweifel ziehen könnte.

Jedoch: Was soll ausgerechnet so spannend daran sein, Musik zu machen, die tatsächlich klingt wie die Schnittmenge dieser vier Gruppen? Sogar noch ein wenig ausgreifender und ornamentaler als die der Originale – Retro total. Anders gefragt: Woher diese alles erschöpfende Sehnsucht nach Woodstock?

Thomas Pynchon entwirft in seinem jüngsten Roman »Natürliche Mängel« ein historisch präzises Bild vom Ende des schönen Hippie-Traums: Obwohl Woodstock erst ein Jahr zurückliegt, hat die Manson-Family bereits gemordet. Der Vietnam-Krieg drückt allen schwer auf das Gemüt, die Polizeistuben sind geschmückt mit Bildern von J. Edgar Hoover, Richard Nixon und Ronald Reagan.

Der Weg der Fleet Foxes zurück in diese Zeit ist etwas ganz anderes. Er ist ein Zitatmusik-Zeitgefühl allerartigster Nostalgie. Darin besteht der Sinn ihrer Songs. Musik also als warmes, nach Kornblumen duftendes Hippie-Wohlfühlbad, dem eine Stimme entsteigt, die flüstert: »Früher war alles besser.« War's natürlich nicht.

Konzert: 25. Mai, Beginn 20.30 Uhr, Einlass 19 Uhr, Columbiahalle; CD: Fleet Foxes, »Helplessness Blues« (Cooperative Music/Universal)

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