Dualität der Dinge

Choreografen-Duo Wilhelm Groener feiert in den Uferstudios zehnjähriges Ensemble-Bestehen

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.
Szene aus »Hotel Hassler«
Szene aus »Hotel Hassler«

Als die beiden sich vor einem Jahrzehnt zusammenfanden, waren sie schon keine Unbekannten mehr. Günther Wilhelm, in München aufgewachsen, hatte japanischen Butoh-Tanz, klassischen und modernen Tanz dort wie auch in Berlin studiert, gehörte lange VA Wölfls Düsseldorfer Radikal-Gruppe Neuer Tanz an. Auch die gebürtige Polin Mariola Groener wuchs in der bayerischen Metropole auf, studierte Kommunikationsdesign, Fotografie sowie Audiovisuelle Medien an der Hochschule der Künste Berlin und der Universität Gesamthochschule Essen/Folkwang. Inzwischen kann sie auf über 50 Ausstellungen in Berlin und andernorts verweisen. Wilhelm wiederum blieb in einem Solo, das Christoph Winkler für ihn entworfen hatte und das seine Bandbreite als Tänzer wie Akteur auswies, nachhaltig im Gedächtnis. Bekannt geworden sind beide, Wilhelm und Groener, hauptsächlich jedoch durch das Duo, das sie am 1. Mai 2001 ins Leben riefen.

Wilhelm Groener, heißt es schlicht, verbirgt unter scheinbar einem Namen zwei Künstler, die dennoch etwas eint. Was sie verbinde, über ihre Freundschaft hinaus, sagen sie, sei jener Raum, den das Label aufspannt: In ihm verzahnen sich ihre Gedanken und Empfindungen zum Bild, das Bewegung und Projektion werde, woraus dann wieder Empfindungen und Gedanken entstehen. In ihrer Beobachtung der Wirklichkeit teilen sie die Vorliebe für abseitige und absurde Aspekte des Lebens, für die Dualität der Dinge. Die formal akkurate Bearbeitung eines Motivs in Bild und Bewegung kann so in eine ebenso nüchterne wie ironische Betrachtung umschlagen, erläutern sie ihren Arbeitsstil; Ordnung entarte dabei zum Chaos.

In der Dekade des Miteinanders von Wilhelm Groener sind bisher 13 Bühnenarbeiten entstanden, 18 Stationen der Performance-Reihe »33 Skizzen«, Video- und Fotoarbeiten, Installationen und Editionen, Gedichte und Ausstellungen. Wilhelm und Groener sind damit eine der langlebigen Formationen in Berlins brodelnder Tanzszene. Waren drei ihrer Produktionen zu der »Tanzplattform« genannten Zusammenschau zeitgenössischen Tanzes aus Deutschland geladen, so entstehen die »33 Skizzen« jeweils vor Ort und auf ihn bezogen: ob in Galerie, Büro, Funkhaus, Zeche, und das von Leipzig über Berlin und Ahrenshoop bis nach Tallinn, Kreta und Plovdiv.

Grund zu feiern ist das allemal. Das tun Wilhelm und Groener an vier Tagen in den Uferstudios. »Wilhelm Groener – Geboren am 1. Mai 2001 in Berlin« als Titel bietet nicht nur alle wichtigen Informationen, sondern mit bis zu drei Vorstellungen pro Abend auch einen Querschnitt des Repertoires.

Mit »Sturz sei Dank« (2003) um die Situation des Scheiterns und Strauchelns eröffnen die Protagonisten selbst; für »Am Anfang war das Ende« (2009) über den Zusammenhang zwischen Himmel und Erde in suggestiver Bildästhetik haben sie drei Mitstreiter gedungen. Dem Mythos vom künstlichen Menschen forscht Wilhelm als Solo in der gekürzten Neuversion von »Getrennte Präsenz« aus dem Jahr 2001 nach, gefolgt von der etwas verworrenen spiritistischen Versuchsanordnung »Wie ist dein Name?« (2007). Zu später Stunde dann am selben Tag die Vokalperformance des Franzosen Aymeric Hainaux und die obligate Party. »Hotel Hassler« (2008) über einen Vexier-Raum zwischen Grausamkeit und Empathie sowie »Ortnung« (2002) um das Orten als Positionierung und Ordnung als Zustand füllen den dritten Tag.

»Reden übers Repertoire« heißt salopp eine Gesprächsrunde zum Finale, ehe als Trip durch die Geschichte der Vesperbilder das Trio »Am Bildaltar« Berlin-Premiere feiert. Man darf gespannt sein, welche Folgen diese Werkschau hat: für die Zuschauer und, mehr noch, für Wilhelm Groener.

26., 28. 5., 2., 3.6., jeweils ab 20 Uhr, Uferstudio 14, Uferstr. 23, Wedding, Tel.: 01805-70 07 33, Infos unter www.wilhelmgroener.net

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