Rückenwind für Schiffbau
Branche sieht Chancen beim Ausbau der Offshore-Windenergie
Die Zukunft des deutschen Schiffbaus ist angelaufen. Bei Nordic Yards in Wismar fiel in dieser Woche der Startschuss für den Bau einer Offshore-Stromrichterplattform. Mit dem Brennbeginn einer baugleichen Plattform war schon vor zwei Wochen auf der Tochterwerft in Warnemünde begonnen worden. Beide Anlagen sollen helfen, Offshore-Windparks auf hoher See ans Stromnetz an Land anzubinden. Auftraggeber ist ein Konsortium unter Leitung des Elektrokonzerns Siemens. 2013 sollen beide Stromrichter betriebsbereit sein. Plattform statt Containerschiff – darin sieht Deutschlands maritime Wirtschaft ihre Zukunft.
Trotz des Rekordumsatzes der Seewerften 2010 von 4,7 Milliarden Euro sorgt sich die Branche. Der Auftragsbestand hat sich seit dem Boomjahr 2007 halbiert und reicht – rein rechnerisch – für anderthalb Jahre. Angesichts der langen Vorlaufzeiten im Schiffbau bedeutet dies: Dringend müssen neue Aufträge her. Die Schuld an der Malaise gibt der Schiffbauverband VSM vor allem »Wettbewerbsverzerrungen«. So subventionieren China, Südkorea oder Vietnam massiv, weil sie die Hochtechnologie-Branche als strategische Schlüsselindustrie ansehen. Doch auch Staatswerften in Frankreich und Italien oder Steuervorteile in Spanien ärgert die Branche nicht allein hierzulande.
Allerdings hat sie in den zurückliegenden goldenen Jahren auch träge auf den Wandel reagiert. Statt anspruchsvoller Spezialschiffe schweißte man lieber relativ simple Containerschiffe für den rasant wachsenden Welthandel zusammen. Doch mit der Wirtschaftskrise platzte die Blase. Dazu kamen Qualitätsmängel. So wird die Deutsche Marine die fünf hauptsächlich von ThyssenKrupp Marine Systems gefertigten neuen Korvetten K130, die 2009 wegen technischer Mängel stillgelegt wurden, wohl erst im Herbst in Marsch setzen können.
Indes sehen Analysten der NordLB zumindest die Nordost-Werften auf einem guten Weg. Ein Wandel sei eingeleitet worden.
Dass die Zukunft im Spezialschiffbau und im Windenergiesektor liegt, davon ist auch Heino Bade überzeugt. Der Schiffbauexperte der IG Metall sieht in den Offshore-Feldern eine »Jahrhundert-Chance« für die Küstenregion: Plattformen müssten gebaut werden, aber auch Errichter- und Versorgungsschiffe, Schwimmkräne, Kabelleger und SWATH-Schiffe – diese sind, durch einen Doppelrumpf besonders unempfindlich gegen Seegang, für Wartungsarbeiten an Plattformen besonders geeignet.
Auch die Seehäfen wittern großes Geschäft. Der »Offshore-Hafenatlas«, den der Branchenverband ZDS pünktlich zur Nationalen Maritimen Konferenz ins Internet stellt, soll Betreiber, Hersteller und Zulieferer von Windparks über die Potenziale in deutschen Seehäfen informieren. Auch die stagnierenden Nordost-Häfen von Kiel bis Sassnitz setzen auf Rückenwind aus der Energiewirtschaft. Wie auch die deutschen Reeder, denn sonst sieht es mau aus: Dem Massenguttransport, der sich gerade erst erholt hat, wird in den nächsten Jahren mehr neuer Schiffsraum zulaufen, als der Welthandel benötigt. Überkapazitäten und sinkende Frachtraten dürften die Folge sein.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.