Einnehmend

Giuliano Pisapia / Der 62-Jährige wird neuer Bürgermeister von Mailand

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.

»Alles Pisapias Schuld!« Ein Liedchen mit dieser Textzeile macht derzeit die Runde im italienischen Internet. Es wurde – wohlgemerkt – von Anhängern des Mailänder Rechtsanwalts ins Netz gestellt, die sich darüber lustig machen, was in der Wahlkampagne so alles über den neuen Bürgermeister verbreitet wurde. Tatsächlich wurde der Mann, der gerade 62 Jahre alt geworden ist, als ein kinderfressender Kommunist verschrien, als Freund von Terroristen und Schwulen und als gemeingefährlicher Extremist.

Falscher kann ein Bild kaum sein. Giuliano Pisapia stammt aus einer gutbürgerlichen Mailänder Familie (»Von meiner streng katholischen Mutter habe ich das soziale Engagement geerbt und von meinem Vater die Liebe zu Recht und Gerechtigkeit«, sagt er von sich) und ist einer der angesehensten Strafrechtsanwälte der Stadt. Unter anderem verteidigte er den Kurdenführer Abdullah Öcalan, als der in Italien inhaftiert war, aber auch den Industriellen Carlo De Benedetti in einem Prozess gegen Silvio Berlusconi.

Als Jugendlicher war Pisapia in verschiedenen linken Gruppierungen aktiv und 1998 und 2001 wurde er für die Partei der Kommunistischen Neugründung (Rifondazione Comunista) ins Parlament gewählt, wo er unter anderem Vorsitzender der Justizausschusses war. Später trennte er sich von der Partei, die er in Teilen für nicht koalitionsfähig hielt, und wandte sich der neuen SEL (»Linke, Ökologie und Freiheit«) zu, die ihn auch zuerst bei seiner Kandidatur als Bürgermeister der norditalienischen Metropole unterstützte.

Mit seiner stets freundlichen, fast schüchternen, moderaten und gleichzeitig entschlossenen Art gelingt ihm das Unfassbare: Er hat viele linke Jugendliche hinter sich, aber auch einen großen Teil des Establishments von Mailand; für ihn setzen sich Künstler und Industrielle ein, alternative Jugendliche, Migranten und Richter, selbstbewusste Frauen und Bewohner aus den sozialen Brennpunkten der Metropole. Er will eine Stadt, die ihren Bürgern zugewandt ist, die Menschen jeder Herkunft, jeder Religion und jedes Alters willkommen heißt und niemanden ausschließt. Vielleicht ist Giuliano Pisapia ein Träumer. Aber Mailand will diesen Traum mit ihm teilen.

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