Baggern ohne Ende

Die Seenotretter brauchen einen Hafen auf dem Darß. Doch dort erstreckt sich ein Nationalpark

  • Joachim Mangler, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Jahren wogt der Streit um die Nutzung des Nothafens Darßer Ort in Mecklenburg-Vorpommern. Hoffnungen auf ein baldiges Ende durch einen Hafenneubau werden sich wohl nicht erfüllen.

Zingst. »Im Osten nichts Neues.« Mit einem sarkastischen Lächeln beschreibt der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen, Bernd Anders, die aktuelle Situation der Seenotretter auf dem Darß. Nachdem im Frühjahr 2010 die mehr als 600 000 Euro teure Ausbaggerung der zugesandeten Zufahrt zum Nothafen Darßer Ort bis auf Nacharbeiten abgeschlossen war, hat der stramme Westwind in der Zwischenzeit dafür gesorgt, dass die Versandung wieder von Neuem begonnen hat.

Diese ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass schon wieder eine Untiefentonne gelegt werden musste. Es sei absehbar, dass der Seenotrettungs-Keuzer »Theo Fischer« nur noch dieses Jahr in den Hafen einfahren kann. »Wir brauchen dringend einen Hafen auf dem Darß«, sagt Anders. Er denkt dabei an die vielen Wassersportler und den Schiffsverkehr in der nahen, stark befahrenen Kadetrinne.

Prekäre Situation

Der Streit um die Nutzung des Nothafens, der mitten im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft liegt, dauert nun schon bald zwei Jahrzehnte. Doch die Hoffnungen nicht nur der DGzRS, dass sich die prekäre Situation bald ändert, werden sich wohl nicht so schnell erfüllen.

Zunächst hatte das Ostseebad Prerow den Bau abgesagt, nachdem ein Gutachten dem 30-Millionen-Euro-Vorhaben keine positive wirtschaftliche Zukunft bescheinigt hatte. Dann bekundete die Nachbargemeinde Zingst ihr Interesse an einem Hafen, doch Bürgermeister Andreas Kuhn (CDU) dämpft die Erwartung, dass der Baubeginn bald ansteht, »frühestens 2013, eher später«, sagt er.

In den vergangenen Monaten haben sich zwei Varianten herauskristallisiert, sagt Kuhn. Dabei handelt es sich um Außenhäfen, weit weg von der Küste. Die kleinere Variante mit 50 bis 60 Liegeplätzen liege rund 850 Meter, die größere mit 200 Plätzen 1300 Meter draußen auf See. Der Hafen wird laut Planung durch eine Seebrücke mit dem Land verbunden sein, darauf soll ein Shuttle-Service die Segler und Material hin- und hertransportieren.

Nun gelte es, sich für eine Variante zu entscheiden. Eine zentrale Rolle werden dabei die Kosten spielen. Diese liegen schätzungsweise bei 35 für die kleine beziehungsweise bis zu 60 Millionen Euro für die größere Variante. Das seien aber nur die reinen Hafenkosten, die neue Infrastruktur käme noch hinzu. Zahlen, bei denen manchem schwindelig wird. So sagt denn Bürgermeister Kuhn: »Wenn es scheitert, scheitert es am Geld.« Er sei da aber ganz entspannt, denn das Land sei auch in der Pflicht, zwischen Warnemünde und Barhöft einen Etappenhafen für den aufstrebenden Segelsport und zudem eine neue Heimat für den Seenotrettungskreuzer zu bauen. »Wir müssen endlich in die Hufe kommen. Wir brüten nun schon seit bald 18 Jahren darüber«, sagt auch der Sprecher des Umweltverbandes WWF, Jochen Lamp.

WWF ist Betreiber

Lamp hat sich in den vergangenen Jahren als Verfechter des Naturschutzes viel Ärger eingehandelt. Der WWF ist seit dem Jahr 1993 Betreiber des landeseigenen Nothafens mitten im Nationalpark. Nun sieht Lamp auch schon wieder die Diskussion um eine erneute Ausbaggerung der Hafenzufahrt auf sich zukommen. »Irgendwann tut es richtig weh.«

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