Alte Filmweisheit in Wimbledon
Nach ihrem epischen Tennis-Match im Vorjahr machen es Isner und Mahut diesmal kurz
Normalerweise interessiert ein Match zwischen der Nummer 47 und der Nummer 94 der Weltrangliste in Wimbledon nur am Rande. Als aber John Isner und Nicolas Mahut am Dienstag um 18.16 Uhr Londoner Ortszeit Court 3 betraten, wurden sie von den Zuschauern wie Gladiatoren mit stehenden Ovationen empfangen. Keiner hatte vergessen, welch epische Tennis-Schlacht sich die beiden Marathonmänner im vergangenen Jahr über drei Tage geliefert hatten. Unfassbare 665 Minuten duellierten sich Isner und Mahut damals und schlugen 215 Asse. Isner siegte im fünften Satz schließlich 70:68 – Rekorde für die Ewigkeit.
Doch wie so oft galt auch für Teil zwei des Dramas die alte Filmweisheit: Das Remake reicht nie an das Original heran. Denn diesmal beeilte sich der Amerikaner Isner. In der Neuauflage des Erstrundenduells setzte sich der 2,06-Meter-Hüne in gerade einmal 123 Minuten mit 7:6, 6:2, 7:6 gegen seinen französischen Kumpel durch. »Was wir im letzten Jahr gemacht haben, war weit mehr als nur ein Tennis-Match«, meinte Mahut. »Heute habe ich einfach ein Spiel in drei Sätzen verloren.«
Nur kurz, als Mahut im dritten Durchgang vorn lag, schien sich auch ihr diesjähriges Match zum Klassiker entwickeln zu können. »Ich bin wirklich wahnsinnig froh, dass ich den dritten Satz gewonnen habe«, sagte Isner. Denn sonst wäre die Partie wegen einsetzender Dunkelheit wohl wieder über mindestens zwei Tage gegangen.
So richtig freuen konnte sich Isner aber nicht. Seit ihrem Rekord-Match sind die beiden Freunde, keiner wollte den anderen schon nach Runde eins aus dem Turnier fliegen sehen. »Ich wollte gegen ihn definitiv nicht in der ersten Runde spielen, weil dann einer von uns als Verlierer heimgehen musste«, sagte Isner, dem Mahut an der Church Road nun kräftig die Daumen drücken wird: »Ich hoffe, er schafft es in diesem Jahr bis in die dritte Runde.« Im Vorjahr war für Isner – erschöpft vom strapaziösen Marathon gegen Mahut – gleich die zweite Hürde zu hoch. Gegen den Spanier Nicolas Almagro kann er es diesmal besser machen.
Am Mittwoch hieß es in Wimbledon mal wieder: »the same procedure as every year.« Die Plätze wurden abgedeckt, die Regenschirme ausgepackt, die Spielpläne durcheinandergewirbelt – es regnete. Zu den Leidtragenden zählten auch Julia Görges (Bad Oldesloe) und Kristina Barrois (Bous), die ursprünglich um zwölf Uhr Londoner Zeit hätten aufschlagen sollen.
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