Partitur für ein Streichkonzert

Sachsens Landesbühnen droht Privatisierung

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Landesbühnen Sachsen sollen 2012 nach Ministeriumsplänen privatisiert werden. Das Orchester des Tournee-Theaters wird dabei faktisch abgewickelt – trotz lauter Proteste.

Sachsens Kunstministerin hat vorgelegt, nun müssen die Kommunalpolitiker nachziehen: Gut eine Woche, nachdem Sabine von Schorlemer (CDU) ihr sogenanntes »Zukunftskonzept« für die Landesbühnen Sachsen an den Landtag überwiesen hat, beriet der Kreistag in Meißen gestern über dessen unerfreulichsten Aspekt: eine Orchesterfusion, mit der von 104 Musikerstellen in der Region 32 gestrichen werden sollen. Eine harmonische Veranstaltung, das deutete sich bereits vorab an, würde die Debatte nicht werden.

Von Misstönen wird der Streit um die Zukunft der Landesbühnen seit Monaten begleitet. Das Dreispartenhaus mit seinem Stammsitz in Radebeul war bislang neben der Staatsoper in Dresden das zweite Theater, das der Freistaat Sachsen unterhält. Allerdings wurde es dem Land zu teuer. Schon bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2011/12 wurde über eine Reduzierung der Zuschüsse gestritten.

Mehr Theater für Kinder

Jetzt hat das Ministerium konkrete Pläne vorgelegt. Nach dem Willen Schorlemers soll der bisherige Staatsbetrieb im Sommer des kommenden Jahres in eine Theater GmbH umgewandelt werden. Die soll sich künftig deutlich stärker als bisher auf Inszenierungen für Kinder und Jugendliche konzentrieren. Zudem soll das Theater, das schon jetzt nicht nur im frisch sanierten Radebeuler Haus spielt, sondern auch in den Kleinstädten der Region, noch häufiger Kultur aufs Land bringen.

Dabei solle man sich, merkte die Ministerin an, bei der Wahl der künstlerischen Ausdrucksformen deutlicher nach dem »Bedarf« in den ländlichen Kulturräumen richten. Vom Bedarf der Theaterleute selbst ist in dem Konzept weniger die Rede, etwa davon, wie viele Musiker zur Absicherung des geforderten Tourneebetriebs nötig sind. Bisher hatte die Landesbühne ein eigenes Orchester. Das aber wird künftig ausgegliedert und mit der Riesaer Elblandphilharmonie verschmolzen, die ihrerseits einst aus Orchestern in Riesa und Pirna entstand und vorwiegend ein Konzertorchester ist. Von Schorlemer betont zwar, man strebe eine »sozialverträgliche Lösung für alle Musiker« an. Übrig bleiben dennoch nur 72 Musikerstellen, 30 Prozent weniger als bisher.

Akt des Kulturabbaus

Kritiker betonen, es werde nun zwangsläufig Abstriche beim Kulturangebot in der Region zwischen Elbtal und Osterzgebirge geben. Es stelle sich die Frage, wie der neue Klangkörper mit seinem Budget von vier Millionen Euro die Aufgaben »von eigentlich zwei Orchestern« erfüllen solle, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Dresdner Philharmonie und der Staatsoperette. In dem Papier wird auch die Befürchtung geäußert, die Orchesterfusion sei nur das Vorspiel für die vollständige Abwicklung der Landesbühnen.

Der LINKE-Kulturpolitiker Volker Külow nennt die Orchesterauflösung einen »rein finanzpolitisch motivierten Akt des Kulturabbaus«. Er ruft nach einem Runden Tisch für Ideen für eine »sinnvolle Orchesterzusammenführung«. Im Internet werden Unterschriften gegen die Auflösung des Klangkörpers gesammelt; bis gestern hatten knapp 3900 Menschen die Online-Petition signiert.

Der langjährige Intendant Carsten Schmidt, der über 20 Jahre an den Landesbühnen gearbeitet hatte, kommentierte von Schorlemers Konzept postwendend auf seine Weise: Er verkündete seinen vorfristigen Rückzug bereits für Sommer 2011.

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