Vom Lehn schönt die traurige Bilanz

19-Jähriger gewinnt WM-Bronze über 200 Meter Brust, Britta Steffen überrascht DSV mit Abreise

  • Christian Kunz und Marc Zeilhofer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Schwimm-Nobody hatte fast niemand auf der Rechnung: Nach Paul Biedermann und der Frauen-Staffel sorgte Christian vom Lehn für die vierte Medaille der deutschen Beckenschwimmer. Es hätte ein guter Tag für den Verband werden können, wäre da nicht die Causa Steffen.

Nur wenige Augenblicke nach der Siegerehrung mit Überraschungsbronze für Christian vom Lehn über 200 Meter Brust ging es in Shanghais Schwimm-Tempel wieder um das traurige WM-Ende von Britta Steffen. Bundestrainer Dirk Lange wich Fragen zu widersprüchlichen Aussagen über die fluchtartige Abreise der Doppel-Olympiasiegerin aus, Paul Biedermann appellierte an mehr Fairness für seine formschwach gescheiterte Freundin. »Das, was Britta jetzt abkriegt, hat sie nicht verdient. Sie ist eine von Deutschlands erfolgreichsten Sportlerinnen, dann sollte man doch respektvoller mit ihr umgehen«, sagte der zweimalige Bronzemedaillengewinner und sprach von »Hetze«.

Nach einem guten vierten Platz mit der 4 x 200 Meter Freistil-Staffel, bei der Ryan Lochte mit dem US-Team seine nun schon vierte Goldmedaille holte, deutete der 24-Jährige an, warum Britta Steffen nicht wie angekündigt bis zum Abschluss am Sonntag das Team unterstützt. »Damit sie hier einfach diesem Dauerfeuer entgeht«, verteidigte Biedermann den Heimflug. Der Deutsche Schwimm-Verband machte aus seiner Rolle bei der Entscheidung ein Geheimnis. »Es hat verschiedene Gründe dafür gegeben, die ich im Detail nicht erklären werde«, sagte Leistungssportdirektor Lutz Buschkow.

Immerhin durften sich Buschkow und Bundestrainer Lange, der von Steffens Abreise vollkommen überrascht wurde, über die Bronzemedaille des WM-Neulings vom Lehn jubeln. »Riesenfreude. Der Junge ist einer der neuen Generation, einer der mit der Aufgabe wächst«, sagte der Bundestrainer. Zwar war der 19-Jährige aus Wuppertal vor dem Finale »schon nervös«, doch mit kluger Renneinteilung und starkem Schlussspurt schwamm er auf Platz drei über 200 Meter Brust.

Wie Weltrekordhalter Biedermann hat auch vom Lehn jetzt eine WM-Medaille. »Vielleicht haben wir den nötigen Killerinstinkt und die nötige Mentalität oder Charakterstärke«, sagte vom Lehn mit leuchtenden Augen am größten Tag seiner noch jungen Sportlerkarriere. Anders als Biedermann über 200 Meter Freistil konnte der Junioren-Europameister mit dem dritten Platz hinter Daniel Gyurta aus Ungarn und dem Japaner Kosuke Kitajima voll auf zufrieden sein. »Die zwei sind noch eine Nummer zu groß für mich, aber auch über Bronze kann ich mich super freuen«, sagte vom Lehm.

Ergebnisse WM in Shanghai

Frauen, 100 m Freistil: 1. Ottesen (Dänemark) und Gerassimenja (Belarus) beide 53,45 s, 3. Kromowidjojo (Niederlande) + 0,21 s, ... 23. Schreiber (Halle/Saale) Vorlauf, Steffen (Berlin) Startverzicht Halbfinale.

200 m Brust: 1. Soni (USA) 2:21,47 min, 2. Jefimowa (Russland) + 0,75 s, 3. McCabe (Kanada) + 3,34.

Männer, 100 m Rücken: 1. Lochte (USA) 1:52,96 min, 2. Irie (Japan) + 1,15 s, 3. Clary (USA) + 1,73, ... 12. Lebherz (Darmstadt) Halbfinale.

200 m Brust: 1. Gyurta (Ungarn) 2:08,41 min, 2. Kitajima (Japan) + 0,22 s, 3. vom Lehn (Wuppertal) + 0,65.

4 x 200 m Freistil: 1. USA (Phelps, Vanderkaay, Berens, Lochte) 7:02,67 min, 2. Frankreich (Agnel, Mallet, Stravius, Gilot) + 2,14 s, 3. China (Wang, Zhang, Li, Sun) + 3,00, 4. Deutschland (Biedermann, Wallburger, Fildebrandt, Starke) + 5,65.

Wasserball Frauen: Finale: China - Griechenland 8:9, Spiel um Platz 3: Russland - Italien 8:7.

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