Von Kriegern und Priestern

Eine Ausstellung im Weltkulturerbe Völklinger Hütte erinnert an die Kelten

  • Ronald Sprafke
  • Lesedauer: 3 Min.
Sie waren mutige und grausame Krieger, wirkten furchterregend und sollen nackt gekämpft haben. Sie trugen aber auch schweren Goldschmuck, benutzten Rasiermesser und Spiegel und aßen und tranken aus wertvollen Importgefäßen. Die Rede ist von den Galliern, Kelten und Galatern, an die eine Ausstellung im Saarland erinnert.

Als griechische Kolonisten um 600 v. Chr. an der Küste Südfrankreichs landeten, trafen sie dort auf die sogenannten Keltoi. Der Geograf Hekataios von Milet beschrieb die Kolonie Massalia (heute Marseille) als eine »Stadt in Ligurien«, deren »Einwohner in ihrer Sprache Kelten, in unserer Gallier genannt werden«.

Ein einheitliches keltisches Volk hat es nie gegeben. Es ist vielmehr ein Sammelbegriff für eine große Zahl von Stämmen, die in der Spätphase der sogenannten Hallstatt-Zeit und der folgenden Latène-Zeit im eisenzeitlichen Europa nördlich und westlich der Alpen lebten. Den Versuch, diese Völkergruppen in Gemeinsamkeiten und lokalen Unterschieden in Gesellschaft, Religion, Kultur und Kunst wieder zu entdecken, unternimmt eine bemerkenswerte Ausstellung im saarländischen Völklingen.

Die Völklinger Hütte war im frühen 20. Jahrhundert ein Zentrum der Eisenherstellung in Deutschland. 1986 gingen die letzten Hochöfen aus. Die UNESCO erklärte das Industriedenkmal zum Weltkulturerbe. In der riesigen Gebläsehalle werden nun »Die Kelten – Druiden. Fürsten. Krieger« präsentiert. Die Mehrzahl der 1650 Exponate stammt von Fundorten in Lothringen und Rheinland-Pfalz.

Beim Stichwort Kelten denkt man sofort an die Druiden, jene geheimnisvollen Priester, die auch Ärzte und Richter waren. Unser Wissen über sie verdanken wir vorwiegend Berichten antiker Schriftsteller. Zwar kannten auch die Kelten die Schrift. Caesar berichtet aber, dass die Druiden verboten hatten, schriftliche Aufzeichnungen über Religion, Leben und Alltag anzufertigen. So lassen sich archäologische Funde nur schwer einordnen.

In den reichen Gräbern der Elite, Fürsten, Priester und Krieger, fanden sich Luxusartikel, goldene Hals- und Armringe, darunter auch kostbarer Schmuck aus Griechenland. Man importierte wertvolle griechische und etruskische Keramik-, Gold- und Bronzegefäße. Für das Ende der Hallstattzeit sind auch Prunkgräber für Frauen nachgewiesen. Das berühmteste ist das Fürstinnengrab von Vix (um 500 v. Chr.) im Norden Burgunds. Aus diesem stammt das größte antike Bronzegefäß: ein 164 Zentimeter hoher Krater (Weinmischgefäß) mit einem Fassungsvermögen von über 1000 Litern. Den Gefäßhals ziert ein Wagenzug, den griechische Hopliten (Fußsoldaten) in voller Ausrüstung begleiten. Ebenfalls hier wurde ein einzigartiges Meisterstück der Goldschmiedekunst geborgen: ein schwerer Halsreif (Torques), dessen Enden wie Löwentatzen geformt sind, auf denen kleine geflügelte Pferdchen stehen.

Mit Hilfe ihrer modernen eisernen Waffen dehnten die Kelten ab dem 5. Jahrhundert ihren Einfluss über weite Teile West- und Mitteleuropas aus und fielen sogar in Italien ein. Berühmt wurde der Sturm auf Rom im Jahre 387 v. Chr. Nur das Geschnatter der aufmerksamen Gänse auf dem Kapitol verhinderte den vollständigen Sieg der Eindringlinge aus dem Norden.

Mit Handel und Warenverkehr entwickelte sich das Münzsystem. Die ältesten keltischen Münzen sind Imitationen makedonischer Goldmünzen unter König Philipp II. (359-336 v. Chr.). Während der Kopf des Apollon auf der Vorderseite einer Münze keltischer Kopie nur geringe Abweichungen vom Original aufweist, ist die Wiedergabe der für den keltischen Stempelschneider fremden griechischen Buchstaben auf der Rückseite eindeutig misslungen. In der Ausstellung ist der Münzschatz von Sontheim zu sehen: 333 goldene Regenbogenschüsselchen.

Die berühmteste Darstellung eines Kelten ist »Der sterbende Gallier«, eine hellenistische Bronzestatue, die um 230/220 v. Chr. von Attalos I., König von Pergamon, als Teil eines großen Denkmals aus Anlass seines Sieges über die Galater in Auftrag gegeben wurde. Die erhaltene römische Marmorkopie zeigt einen aus einer Brustwunde blutenden und bereits auf sein Schild gesunkenen, völlig nackten Krieger mit den »typischen« Merkmalen der Kelten: kurzes, struppiges Haar, Bart, Halsring.

Die moderne Erforschung der keltischen Kultur und Geschichte findet in der Ausstellung weniger Beachtung, kann aber in dem umfangreichen Katalog nachgelesen werden, der allerdings leider keine Karte mit den Fundorten enthält.

»Die Kelten – Druiden. Fürsten. Krieger« im Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Gebläsehalle, noch bis 21. August, täglich 10 bis 19 Uhr; Katalog 288 S., 19,90 Euro.

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