Mittelstandspartei mit grünem Anstrich
Grünen-Bundestagsfraktion will nach Abschluss der Herbstklausur prüfen, welche ihrer Pläne finanzierbar sind
Die Liste der Investitionsvorhaben der Grünen ist lang. Bei einer möglichen Regierungsbeteiligung im Bund ab 2013 sollen unter anderem Programme für den Klimaschutz, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Bildung massiv gefördert werden. Doch welche Maßnahmen überhaupt umgesetzt werden können, erscheint fraglich. Denn bei den bisherigen finanzpolitischen Planungen würde ein Milliardendefizit bleiben. Zum Abschluss der Herbstklausur in Berlin erklärte gestern Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin: »Wir müssen Prioritäten setzen.« Er wies auf die angespannte Haushaltslage hin, die durch die sogenannte Schuldenbremse und den Maastricht-Vertrag, in dem sich die Euro-Staaten zur Haushaltsstabilität verpflichten, noch erschwert werde.
Bis Anfang kommenden Jahres soll eine Arbeitsgruppe der Fraktion Detailvorschläge für die Finanzierbarkeit der Ausgabenpläne vorlegen. Sollten dann einige Vorhaben aus Kostengründen hintangestellt werden, ist ein parteiinterner Streit programmiert.
Sparmöglichkeiten sehen die Grünen bei ökologisch schädlichen Subventionen. Zusätzliche Einnahmequellen könnten sich durch die Einführung einer Vermögensabgabe und eine höhere Besteuerung von hohen Einkommen ergeben. Inwieweit der derzeitige Spitzensteuersatz von 42 Prozent erhöht werden soll, ist jedoch in der Partei umstritten. Die Abgeordneten Kerstin Andreae und Christine Scheel wollen diesen auf lediglich 45 Prozent anheben. Sie fürchten ansonsten eine zu starke Belastung des Mittelstandes, der sich zunehmend den Grünen zuwendet. Trittin spricht sich dagegen für einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent aus. Am Rande der Klausur sagte er grantig: »Ich würde mir wünschen, dass alle, die sagen ›das gefällt mir nicht‹ an anderer Stelle etwas einnehmen.«
Auch wenn die genauen Finanzpläne der Grünen noch nicht feststehen, ist wohl sicher, dass halbwegs ökologisch orientierte mittelständische Unternehmen auf ihre Unterstützungen hoffen können. »Nur mit einer umfangreichen Modernisierung können die Stärken des Standorts Deutschland erhalten bleiben«, erklärte Trittin. Mit einem Drei-Milliarden-Euro-Fonds sollen »effiziente Produkte« gefördert werden. Entgegen der Aussage von Baden-Württembergs grünem Regierungschef Winfried Kretschmann »weniger Autos sind besser als mehr« zählen für die Grünen auch Autos mit weniger als 60 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer zu diesen Produkten. Für diese sind Kaufprämien vorgesehen.
Um die Produkte auch absetzen zu können, soll die Situation der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung leicht verbessert werden. Dies geht aus dem bei der Klausur diskutierten Papier zur »Zukunft der Arbeit« hervor. Darin sprechen sich die Grünen weiterhin für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn aus. Bereits im Jahr 2009 waren sie mit dem Versprechen, sich für eine gesetzliche Lohnuntergrenze von 7,50 Euro pro Stunde einzusetzen, in den Wahlkampf gezogen. Zudem wird angestrebt, »equal pay«, die gleiche Bezahlung eines Zeitarbeitnehmers wie auch der vergleichbar eingesetzten Stammmitarbeiter, gesetzlich ausnahmslos festzuschreiben. Die Ausweitung von Leiharbeit und prekärer Beschäftigungsverhältnisse haben die Grünen indes selbst mitzuverantworten. Die rot-grüne Bundesregierung hatte die Leiharbeit einst dereguliert und damit Voraussetzungen für Lohndumping geschaffen.
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