Per Vertrauensfrage durchs Parlament

Italiens Regierung will ihr erneut geändertes Sparpaket mit einem taktischen Kniff durchboxen

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Während in Deutschland über die Reform des EU-Rettungsschirms gestritten wird, debattiert Italien über Sparmaßnahmen. Diese sollen verhindern, dass das Land solche EU-Hilfen aufnehmen muss.

Diesmal könnte das Sparpaket der italienischen Regierung seine endgültige Fassung erreicht haben. Als neueste Maßnahmen wurden die Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt, eine Sondersteuer für Superverdiener und die Angleichung des Rentenalters der Frauen an das der Männer hinzugefügt.

Damit wurde der Umfang des italienischen Sparpakets binnen weniger Stunden von 45 Milliarden auf 52 Milliarden Euro angehoben. Mehreinnahmen ergeben sich in erster Linie aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 21 Prozent, wovon unter anderem Kinderspielzeug und Schuhe, Autos und Wein, Schokolade und Waschmittel betroffen sind. Aber auch die Preise für Strandbadbesuche und Ferienreisen werden steigen. Insgesamt will der Staat seine Einnahmen damit um vier Milliarden Euro erhöhen. Die zweite wichtige Neuerung ist die Anhebung des Rentenalters für Frauen von 62 auf 65 Jahre. Beginnend mit dem Jahr 2014 werden die Frauen pro Jahr einen Monat länger im Arbeitsverhältnis bleiben müssen – 2026 wird dann die endgültige »Gleichstellung« erreicht sein. Insgesamt soll auch diese Maßnahme dem Staat knapp vier Milliarden in die Kassen spülen. Die dritte neue Maßnahme ist die (Wieder-)Einführung der sogenannten Reichensteuer. Wer mehr als 300 000 Euro jährlich verdient (und auch in seiner Steuererklärung angibt!), soll künftig drei Prozent mehr an den Fiskus abführen. Da dies aber nur 34 000 der über 41 Millionen Steuerzahler betrifft, sind die Mehreinnahmen lächerlich: 35 Millionen Euro im Jahr 2012!

Um sich vor allem gegen Heckenschützen aus den eigenen Reihen zu wappnen, wird dieses Sparpaket jetzt entgegen vorheriger Versprechen an die Vertrauensfrage geknüpft werden. Damit verfallen auf einen Schlag alle Veränderungsvorschläge, die bisher eingebracht wurden, und eine Diskussion ist kaum möglich, da die Redezeiten stark begrenzt sind – de facto wird man sich mit den Details des Sparpakets gar nicht beschäftigen. Es wird einzig und allein darüber abgestimmt, ob die Regierung auch in Bezug auf das Sparpaket weiterhin das Vertrauen des Parlaments genießt (was bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen zweifellos der Fall ist).

Angesichts der neuen Maßnahmen spaltet sich das Land. Vor allem der Unternehmerverband vertritt die Auffassung – die auch von den europäischen Institutionen geteilt wird –, dass man endlich einen Schritt bei der Sanierung des Staatshaushalts vorankommt. Ganz anderer Ansicht sind da die Gewerkschaften. Nicht nur die CGIL, die ja bereits einen Generalstreik gegen das Paket organisierte, sondern auch die anderen Organisationen lehnen die Anhebung der Mehrwertsteuer und des Rentenalters für Frauen ab. »Wenn die Regierung wirklich ausgewogen und sozial vertretbar handeln will«, erklärte Raffaele Bonanni, Generalsekretär der bisher eher regierungsfreundlichen CISL, »muss man eine Vermögensteuer einführen und einen Solidaritätszuschlag von all denen, bei denen man das Geld nicht direkt vom Gehalt abziehen kann. Es sollen diejenigen zahlen, die mehr verdienen und mehr besitzen.«

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer hat auch die Verbraucherverbände auf den Plan gerufen: »Hier werden alle italienischen Familien noch einmal besteuert und es ist egal, ob sie arm oder kinderreich sind«, heißt es in einer Erklärung des Verbandes Codacons.

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