Trübere Aussichten für die Konjunktur

EZB pessimistisch, senkt Leitzins aber nicht

  • Lesedauer: 2 Min.
Bislang wird für die deutsche Wirtschaft für 2011 mit einem satten Wachstum bis zu drei Prozent gerechnet. Doch nun werden die Aussichten trüber: Für dieses und vor allem das nächste Jahr gewinnt der Pessimismus Oberhand.

Frankfurt am Main (dpa/ND). Schuldenkrisen und Verwerfungen an den Finanzmärkten hinterlassen im Euroraum ihre Spuren: Die EZB rechnet für 2011 und 2012 inzwischen mit deutlich geringerem Wachstum. »Vor einem Monat waren die Wachstumsrisiken aus unserer Sicht ausgeglichen. Jetzt sehen wir Abwärtsgefahren für das Wirtschaftswachstum«, sagte Zentralbankpräsident Jean-Claude Trichet nach einer Ratssitzung am Donnerstag in Frankfurt.

Die Notenbank rechnet für die Währungsunion mittlerweile nur noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 Prozent (Spanne von 1,4 bis 1,8 Prozent) im laufenden Jahr. Im Juni war die EZB noch von einem Plus von 1,9 Prozent ausgegangen. Auch für das kommende Jahr ist die Notenbank pessimistischer. Dann soll die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsraum nur noch um 1,3 Prozent (Spanne 0,4 bis 2,2 Prozent) zulegen. Zuletzt hatte die EZB noch ein Plus von 1,7 Prozent erwartet.

Die schlechten Aussichten nähren wachsende Rezessionsängste, die eigentlich eine Zinssenkung erforderlich machen würde. Doch Europas Währungshüter ließen den Leitzins im Euro-Raum bei ihrer Ratssitzung wie erwartet unverändert bei 1,5 Prozent. Sie begründeten dies mit eventuellen Inflationsgefahren. Dabei ließ der Preisdruck zuletzt infolge sinkender Ölpreise nach. Niedrigere Zinsen würden Unternehmen und Verbrauchern zu günstigeren Krediten verhelfen, was Investitionen und Konsum befördern könnte. EZB-Vertreter haben wiederholt betont, dass zu niedrige Zinsen zu einer übertriebenen Risikobereitschaft führen und damit das Entstehen sogenannter Blasen fördern kann.

Auch die OECD senkte ihre Wachstumsaussichten nach unten. Für die letzten drei Monate prog-nostizieren die Volkswirte der Industriestaaten-Organisation der deutschen Wirtschaft einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahresvergleich um 1,4 Prozent. »Deutschlands Wachstum schwächt immer weiter ab«, sagte OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan in Paris. Der Prognose zufolge wäre Deutschland im Schlussquartal 2011 die schwächste große Industrienation der Welt. Für Länder wie die USA, Frankreich oder Kanada sagen die Volkswirte noch Wachstum voraus. Dagegen hält Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) Sorgen vor einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung für unbegründet. Die Angst vor einer Rezession sei »vollkommen unangebracht«.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.